Direkt zum Inhalt

Neuropharmakologie: Ultraschall und Magnetismus erleichtern den Weg von Medikamenten ins Hirn

Blut-Hirn-Schranke
Die schwer passierbare Blut-Hirn-Schranke schützt unser Gehirn vor Erregern und körperfremden Stoffen. Dieser Nutzen wird bei der Behandlung von Hirnerkrankungen gelegentlich zum Nachteil, da auch viele Medikamente die Barriere kaum überwinden. Eine Forschergruppe um Kuo-Chen Wei von der Chang-Gung-Universität in Taiwanbegnetete dem Problem nun, indem sie zunächst Medikamente an magnetischen Nanopartikeln in die Kopfregion lenken und dann mit einem Ultraschallimpuls die Blut-Hirn-Schranke für die Substanzen öffnen.

Im Blut verteilte Wirkstoffe gelangen nur vergleichsweise niedrig konzentriert in die Kopfregion. Wird dann die Blut-Hirn-Schranke kurzzeitig absichtlich geöffnet – etwa durch eine Ultraschallbehandlung –, so erreichen deshalb dennoch nur wenige Teilchen aus dem Blut das Gehirn. Wei und Kollegen koppelten einen Wirkstoff daher an magnetische Nanopartikel, die sie durch ein Magnetfeld konzentriert und gezielt an die Barriere lenkten. Dort öffneten sie dann die Blut-Hirn-Schranke mit einem Ultraschallimpuls, wodurch die Medikamente sehr effizient in das Zentralnervensystem geschleust wurden.

Die Blut-Hirn-Schranke wird unter Ultraschalleinsatz von magentischen Nanopartikeln überwunden | Im Querschnitt durch eine Kapillare am Übergang zwischen Gehirn und Blutkreislauf wird das Prinzip deutlich, mit dem das Team um Kuo-Chen Wei von der Chang-Gung-Universität in Taiwan den Transport von Medikamenten ins Gehirn verbessert: Die intakte Blut-Hirn-Schranke ist zunächst undurchlässig für die magnetischen Partikel (MNP) in den Kapillaren (A). Über einen energiearmen fokussierten Ultraschallimpuls (FUS) wird in der Anwesenheit von Microbubbles (MB, Luftbasen, die als Ultraschall-Kontrast-Reagenz eingesetzt werden) die Durchlässigkeit erhöht, und die magnetischen Nanopartikel können durch die Barriere diffundieren (B). Mit Hilfe eines magnetischen Felds (M) können nun die magnetischen Partikel aktiv in die Gehirnregion dirigiert werden und in großer Menge die Blut-Hirn-Schranke überwinden (C).
Im Gehirn von Versuchsratten hat sich der Ansatz bereits bewährt: Durch das Verfahren erhöhte sich nicht nur die Konzentration eines Krebsmedikaments, auch die Überlebenszeit der tumorbelasteten Nager verlängerte sich um 66 Prozent.

Die meisten Medikamente zur Behandlung des Zentralnervensystems überwinden die Blut-Hirn-Schranke auf Grund ihrer chemischen Eigenschaften, die gezielt für eine Passage der Barriere gewählt sind. Um die Lipidmembran der Barriere zu durchdringen, sind die Wirkstoffe zum Beispiel besonders lipidlöslich. Dies setzt allerdings auch die Wirksamkeit der Präparate herab, da die Substanzen schneller von Blutproteinen abgefangen und von der Leber abgebaut werden. Herkömmliche Verfahren, die eingesetzt werden, um die Schranke auch für weniger lipophile Medikamente zu öffnen, sind nicht wie die Ultraschallmethode lokal begrenzt und reversibel. Bei ihrem Einsatz entsteht also ein großflächiges Einfallstor für Erreger und toxische Substanzen in das Zentralnervensystem.

Bevor die Methode der Forschergruppe um Kuo-Chen Wei an Menschen getestet werden kann, muss geklärt werden, inwieweit ein stärkeres Magnetfeld den größeren Abstand zwischen dem magnetischen Pol und dem Gehirn kompensieren kann, der durch die menschliche Kopfgröße vorgegeben wird. (vk)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Hao-Li Liu et al.: Magnetic resonance monitoring of focused ultrasound/ magnetic nanoparticles targeting delivery of therapeutic agents to the brain. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 10.1073/pnas.1003388107, 2010

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.