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Molekülchemie: Umgefaltet

Mit immer neuen Bausteinen reichern Nanoforscher ihren Werkzeugkasten an. Jetzt haben sie ein Kettenmolekül gebastelt, das seine Gestalt bei Bestrahlung mit Licht verändert.
Foldamer
Entscheidend für die Funktion eines Proteins ist seine räumliche Struktur. Damit stellt der Vorgang des Faltens zu einem dreidimensionalen Gebilde einen wichtigen Prozess da, den Biochemiker gerne näher ergründen möchten. Als Modell hierfür haben sich so genannte Foldamere bewährt – synthetische flexible Kettenmoleküle, die in Lösung eine stabile, meist wendelförmige Gestalt annehmen können.

Außer für die Erforschung von Faltungsmechanismen lassen sich mit ihnen jedoch auch "schaltbare" Materialien herstellen, deren Struktur und damit Eigenschaften sich auf Befehl verändern. Dabei werden herkömmliche Foldamere typischerweise durch Zugabe von Hilfsstoffen, Variation der Lösungsmittelzusammensetzung oder Temperaturänderung geschaltet.

Stefan Hecht und seinem Team vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim setzten dagegen auf Licht als Schalter, um so Zeit, Ort und Intensität des Schaltbefehls präzise zu kontrollieren. "Unser Konzept", erklärt Hecht, "beruht auf einem Foldamerstrang, in den ein fotoisomerisierbares Kernstück eingebaut wird – ein Kernstück, dessen chemische Struktur sich bei Bestrahlung mit Licht ändert."

Foldamer | Fotoschaltbares Foldamer: Innerhalb des Foldamers sitzt lichtempfindliches Kernstück, dessen Struktur sich nach Betrahlung verändert. Dadurch streckt sich das zuvor gewinkelte Molekül.
Die Forscher verbanden dazu zwei ebene, gewinkelte Segmente eines Foldamers über ein Kernstück, das in seiner Gestalt einer doppelten Wiederholungseinheit eines Foldamer-Bausteins entsprach. Dabei zeigte sich die Länge der Foldamersegmente als entscheidend: Die Chemiker mussten sie so wählen, dass ein einzelnes Foldamersegment zu kurz war, um sich allein zu einer Helix winden zu können. Der entstehende Gesamtstrang sollte dagegen lang genug dafür sein.

Bestrahlten die Forscher eine solche Helix, dann änderte sich die Struktur des Kernstücks innerhalb von Sekunden. Das Kernstück war nun auf eine andere Art gewinkelt als zuvor, in der es sich nicht mehr helikal anordnen konnte. Der Gesamtstrang konnte damit auch keine Helix mehr bilden. Durch Erwärmen ließ sich diese Formänderung wieder rückgängig machen.

"Lichtsteuerbare Systeme wie unseres können grundlegende Einblicke in Faltungs- und Entfaltungsmechanismen geben", erläutert Hecht. "Wir untersuchen derzeit, ob sich unser Foldamer beispielsweise als intelligenter Transporter einsetzen ließe. Ein solcher Transporter kann in zwei Formen vorliegen: Eine Form bindet das Transportgut, die andere setzt es auf Befehl frei."

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