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Umweltbelastung: Woher stammte die Radioaktivität im Saharastaub?

Regelmäßig bläst Saharastaub bis nach Mitteleuropa und tönt den Himmel orange. Doch er bringt auch unerwünschte Fracht mit sich: radioaktive Partikel.
Berglandschaft mit schneebedeckten Gipfeln im Hintergrund, die unter einem orangefarbenen Himmel leuchten. Im Vordergrund sind traditionelle, alpine Gebäude zu sehen, die von grünen Wiesen und bewaldeten Hängen umgeben sind. Die Szene vermittelt eine ruhige und malerische Atmosphäre.
In den letzten Jahren trieben immer wieder große Mengen Saharastaub bis nach Mitteleuropa und sorgten für faszinierende wie dystopische Bilder – hier am Himmel über der Schweiz 2022.

Im März 2022 brachten Luftströmungen große Mengen an Saharastaub nach West- und Mitteleuropa: Teilweise färbte sich der Himmel orange; später wuschen Regenfälle den Staub aus, der sich großflächig niederschlug. Die Aerosole brachten etwas radioaktives Material mit sich, dessen Strahlungswerte zwar niedrig, aber eindeutig messbar waren. Ein Team um Olivier Evrard von der Université Paris-Saclay hat herausgefunden, was die ursprüngliche Quelle dieser Strahlung ist: Sie ist ein Überbleibsel der Atomwaffentests aus den 1950er und 1960er Jahren.

Ein großer Teil des Staubes im Frühling 2022 stammte aus der algerischen Sahara, wo in der südwestlichen Provinz Adrar Anfang der 1960er Jahre oberirdisch mehrere französische Kernwaffentests stattfanden. Dabei kam es zu radioaktivem Fallout in der Umgebung; weitere unterirdische Tests folgten im Hoggar-Gebirge weiter östlich. In mindestens einem Fall wurden hier ebenfalls radioaktives Gas und Staub freigesetzt. Evrard und Co sammelten 53 Staubproben in Europa und testeten sie auf Radionuklide, die aus diesen Sprengungen stammen könnten und mit den Aerosolwolken bis unsere Breiten verfrachtet wurden.

Die Wissenschaftler konnten dabei nachweisen, dass der Staub tatsächlich aus der fraglichen Kernwaffentestzone in Adrar herangeweht wurde und radioaktive Isotope mit sich brachte. Doch überraschte sie das Verhältnis der jeweiligen Plutoniumisotope (Plutonium-240 zu Plutonium-239). Diese Signaturen sind je nach Herkunft der Atombomben charakteristisch und relativ einzigartig. Die Forscher stellten fest, dass das durchschnittliche Plutoniumverhältnis bei 0,187 liegt. Das aber schließt französische Bomben aus: Hier wäre ein Verhältnis von weniger als 0,07 zu erwarten gewesen.

Stattdessen entsprach der Wert den Atombomben, die die USA und die Sowjetunion in den 1950er und 1960er Jahren reihenweise unter offenem Himmel zündeten. Beide Nationen hatten nie in der Sahara getestet, dafür aber weit stärkere Bomben als Frankreich gezündet. Der radioaktive Fallout ist dann um die ganze Welt gedriftet und hat sich auch in der Sahara niedergeschlagen, von wo aus die Isotope schließlich wieder ihre Reise nach Norden antraten. Immerhin: Die gemessenen Strahlungswerte lagen unter den von der Europäischen Union festgelegten Grenzwerten und sollten daher gesundheitlich unbedenklich gewesen sein.

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  • Quellen
Science Advances 10.1126/sciadv.adr9192, 2025

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