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News: Unbekannte dunkle Dimensionen

Es klingt nach Science-Fiction: versteckte Dimensionen, die zur Dunklen Materie beitragen und somit dem Universum sein Gewicht verleihen. Ob das stimmt, könnten Experimente schon bald zeigen.
AMANDA
Das Universum hat Gewichtsprobleme. Etwa 90 Prozent der Materie, die das Universum ausmacht, sind unauffindbar - jedenfalls mit Hilfe von Teleskopen. Deshalb nennt man diesen fehlenden Teil "Dunkle Materie". Doch woraus besteht er? Schätzungsweise 30 Prozent der Dunklen Materie - so die Ansicht vieler Forscher - machen bisher unentdeckte exotische Elementarteilchen aus.

Und dafür bieten sich gleich mehrere Anwärter an. So führen einige Physiker eine ganz neue Klasse von Teilchen ins Felde, um die Dunkle Materie zu erklären: supersymmetrische Teilchen. Demnach existiert zu jedem Elementarteilchen ein supersymmetrisches Spiegelbild, das aber sehr viel schwerer und instabiler ist als sein "Zwilling" – und sehr viel schwerer nachzuweisen.

Einige Wissenschaftler jedoch halten die Einführung von supersymmetrischen Teilchen für äußerst unbefriedigend. Sie sind der Ansicht, dass der bisher existierende Teilchenzoo schon unübersichtlich genug ist. Die Einführung der Supersymmetrie würde die Anzahl sogar schlagartig verdoppeln. Deshalb schlagen Hsin-Chia Cheng von der University of Chicago und seine Kollegen eine andere Erklärung vor – unsichtbare Dimensionen.

So postuliert die Stringtheorie außer den drei bekannten Raum-Dimensionen die Existenz von bis zu sieben weiteren - die wir aber nicht sehen können, weil sie in sich gekrümmt beziehungsweise aufgerollt und viel zu klein sind.

Was soll das heißen? Ein anschauliches Beispiel könnte ein Gartenschlauch liefern. Einer Ameise auf dem Schlauch erscheint die Fläche als zweidimensional. Sie kann auf dem Schlauch hin und her laufen, aber auch um den Schlauch herum, wobei sie wieder an ihrem Ausgangspunkt ankommt. Ein Riese dagegen nimmt den Gartenschlauch als eine eindimensionale Linie wahr. Der Umfang des Schlauchs ist für ihn eine aufgerollte Dimension.

Auch für die zusätzlichen postulierten Raum-Dimensionen der String-Theorie wäre der Mensch anschaulich ein Riese. Wir hätten damit keine Chance, je in diese unbekannten Dimensionen "vorzudringen". Laut Cheng und seinen Kollegen könnten wir aber trotzdem in sie "hineinblicken" – wenn wir die Bewegung von "Ameisen" in diesen zusätzlichen Dimensionen beobachten.

Elementarteilchen stellen in diesem Fall die Ameisen dar. Sie könnten sich in den zusätzlichen Dimensionen bewegen - und sich dabei in unseren Augen verändern. Sie würden scheinbar schwerer werden - viel schwerer. Damit wären sie geeignete Kandidaten für exotische Dunkle Materie.

Und was noch viel wichtiger ist, Forscher könnten solche Teilchen - so genannte Kaluza-Klein-Teichen -, falls sie überhaupt existieren, in nächster Zeit auch nachweisen.

Das jedenfalls sagen Feng und seine Kollegen voraus. Sie stellen sogar zwei vielversprechende Wege in Aussicht, diese "Geisterteilchen" zu fassen.

So würden zum einen, ihren Berechnungen zufolge, Kaluza-Klein-Teilchen ein Stück Germanium in charakteristischer Weise ionisieren. Es bestünde also eine gute Chance, das Teilchen direkt nachzuweisen. Und zum anderen entstünde bei der Vernichtung mit ihren eigenen Anti-Teilchen ein ganz typisches Spektrum von Zerfallsprodukten - insbesondere anomal viele Positronen.

Dieser Positronenüberschuss wäre nach Ansicht der Forscher so typisch, dass er einen schlagenden Beweis für die Existenz von Kaluza-Klein-Teilchen und damit für die Existenz winziger aufgerollter Dimensionen liefern müsste.

Außerdem sollte die Richtung, aus der die Zerfallsteilchen kommen, einen weiteren Hinweis liefern, dass es sich dabei tatsächlich um "Reste" von Kaluza-Klein-Teilchen handelt. Denn diese wären - im Gegensatz zu normalen Teilchen - so schwer, dass sie in Richtung Sonne gezogen würden. Und dass müsste zusätzlich zu der hohen Anzahl von Positronen noch eine anomal hohe Anzahl von Neutrinos und Myonen vorwiegend aus Richtung der Sonne nach sich ziehen.

Nach Ansicht von Feng und seinen Kollegen haben daher sowohl der Neutrino-Detektor AMANDA am Südpol als auch der AMS-Detektor, der voraussichtlich 2005 auf der Internationalen Raumstation ISS nach Elementarteilchen Ausschau halten soll, gute Aussichten, Kaluza-Klein-Teilchen zu finden - wenn es sie denn gibt. Natürlich ist die Existenz solcher exotischer Teilchen sehr spekulativ. Das waren Neutrinos vor nicht allzu langer Zeit allerdings auch – und haben seit ihrer Entdeckung nichts von ihrer Exotik eingebüßt.

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