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Mechanik: Und lustig hüpfen die Ostereier

Nichts ist spannender als die Wissenschaft im Alltag. Mit ein wenig Geschick kann jeder die Versuche nachvollziehen – zumindest ansatzweise.
Sie dachten, der erste April sei vorbei? Nicht für die Japaner, so scheint es. Obwohl mehrheitlich Shintoisten oder Buddhisten, haben sich nun Wissenschaftler aus dem Land der aufgehenden Sonne der Physik hartgekochter Ostereier angenommen – selbst wenn der Brauch, sich gegenseitig mit bunt bemalten Geflügelprodukten zu beglücken, eine an und für sich unzulässige Verquickung von heidnischem Aberglauben mit der christlichen Religion ist.

Aber wenn nun schon mal so viele von diesen Dingern zu Hause herumliegen, erlagen Sie ja vielleicht selbst schon einmal dem Spieltrieb und haben versucht, ein Ei auf einer glatten Oberfläche in schnelle Rotation zu versetzen – womit sich bekanntermaßen auch vorzüglich herausfinden lässt, ob das kalkummantelte Objekt bereits gekocht ist oder noch roh. Bei ausreichend hoher Drehgeschwindigkeit werden Sie bei den über längere Zeit erhitzten Naturprodukten etwas Wundersames feststellen: Das Ovum (lat. für Ei) beginnt sich aufzurichten – seine Längsachse hat das Bedürfnis, nach oben zu zeigen. Das geht so lange gut, bis der Schwung nachlässt und das Ei wieder auf seine Längsseite kullert.

Physiker kennen diesen Effekt und wissen: Das hat etwas mit den unterschiedlichen Trägheitsmomenten längs der Achsen des ovalen Gebildes zu tun. Pfiffige Hersteller haben daher bereits Spielsachen auf den Markt gebracht, die sich nach dem gleichen Prinzip auf den Kopf stellen. Mit ähnlichen Tricks bekommt man beispielsweise einen Kreisel sogar für kurze Zeit zum Schweben. Dies verleitete offenbar die japanischen Experimentatoren zur Annahme, auch ein sich schnell drehendes Ei könne die Bodenhaftung verlieren. Zumal einer von ihnen – Yutaka Shimomura – zusammen mit einem weiteren Kollegen vor einigen Jahren errechnet haben will, das so etwas passieren kann.

Erste Versuche, das ovale Objekt mit der Hand zu drehen, erschienen den Wissenschaftlern zu ungenau. Ein unwillkürlicher Impuls der Hand hätte ja die Ergebnisse verfälschen können. Sie entwickelten daher eine effektive Ei-Dreh-Maschine, die das Geflügelprodukt in schnelle Rotationen von über eintausend Umdrehungen pro Minute versetzte. Um ein eventuelles Abheben feststellen zu können, bedienten sich die Experimentatoren gleich mehrerer Instrumente. Sie beobachteten ihren Probanden mit einer Hochgeschwindigkeitskamera, sie belauschten es mit einem Mikrofon – schließlich sollte ein hüpfendes Ei ja gewissermaßen Klopfgeräusche herbringen –, und sie ersannen eine elektrostatische Messmethode.

Die beiden letztgenannten Messverfahren ließen leider keine eindeutigen Schlüsse zu. Die Hochgeschwindigkeitsaufnahme aber zeigte, dass der Probekörper nach gut 200 Millisekunden tatsächlich mehrfach vom Boden abhob. Vergleichsversuche mit einem eiförmigen Aluminiumkörper bestätigten die Beobachtung – und dort funktionierten auch die alternativen elektrischen und akustischen Messmethoden. Mit anderen Worten: Erfolg auf der ganzen Linie.

Doch wollen sich die japanischen Forscher nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen – allein schon die quantitative Analyse dieser Vorgänge steht schließlich noch aus. Es gibt also noch viel zu erforschen auf dem Feld der Ovumologie. Falls Sie sich daran beteiligen wollen, wünscht Ihnen das Redaktionsteam von spektrumdirekt viel Vergnügen bei den eigenen Versuchen. Und noch ein Tipp: Ungekochte Eier benötigen deutlich höhere Drehzahlen!

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