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Bestattungsritus: Ungewöhnlicher Bleisarg in Gabii bei Rom gefunden

Courtesy of Jeffrey Becker, Gabii Projekt, McMaster University, Hamilton (Kanada)
Auf den ersten Blick scheint er wie aus Papier gefaltet. Doch der Sarkophag, den Forscher der Universität Michigan in Gabii (18 Kilometer vor Rom) ausgruben, ist aus purem Blei und wiegt gut 360 Kilogramm. Die Archäologen schätzen sein Alter auf 1500 bis 1700 Jahre.

Das teure Metall zeugt davon, dass der Tote zu Lebzeiten recht wohlhabend war. Rätselhaft ist, dass der Sarkophag eindeutig innerhalb der Stadtmauern von Gabii gefunden wurde – was gegen das römische Zwölftafelgesetz und sein Begräbnisverbot in der Stadt (Tafel 10) verstoßen hätte. Waren die römischen Sitten nur wenige Kilometer entfernt schon nichts mehr wert? Oder galt das römische Recht zu dieser Zeit bereits nicht mehr? Auch die Machart des Sargs überrascht: Die meisten Bleisarkophage jener Zeit haben einen Deckel und sehen aus „wie altmodische Keksdosen“, so der Archäologe Jeffrey Becker. Bei diesem hingegen wurde der Tote quasi in ein Bleilaken eingewickelt.

Gabii existierte vom zehnten vorchristlichen Jahrhundert an – also bereits vor Rom – und verschwand ab dem dritten nachchristlichen Jahrhundert nach und nach aus der Geschichte, ohne dass es von den Römern selbst genutzt worden wäre. Dass die Römer in Gabii keine Gebäude errichteten, macht den Fund des Bleisarkophags so wertvoll, obwohl er aus einer Zeit stammt, in der Rom schon kurz vor seinem Niedergang stand. Von einem gut erhaltenen Fußknochen – er ragt aus dem Sarg heraus – erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschluss über die Lebensweise der Menschen in der Gesellschaft Gabiis und damit einer älteren als der von Rom.

Da das Blei für Röntgenstrahlen undurchdringlich ist und bei einer Öffnung den Inhalt des Sarges beschädigt werden könnte, wollen die Forscher das Innere in Kürze mit einer Miniaturkamera erkunden.

Claudia Reinert

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