News: Unheilvolle Zusammenarbeit
Auf der Liste der möglichen Schuldigen stehen inzwischen Insekten- und Pflanzenvertilgungsmittel, Parasiten sowie UV-Strahlung, inklusive der möglichen Wechselwirkungen der einzelnen Beteiligten, welche die Sache durchaus noch verschlimmern könnten. Laborversuche hatten schon eine ganze Reihe von Hinweisen auf die Wirkungsmechanismen gegeben, Freilanduntersuchungen hatten statistische Zusammenhänge aufgezeigt – und doch blieb das Wechselspiel und die Rolle der einzelnen Faktoren immer noch unklar.
Joseph Kiesecker von der Pennsylvania State University versuchte nun, die Wirkung von Pestiziden und Parasiten sowie deren kombinierten Einfluss auf freilebende Kaulquappen des Waldfrosches (Rana sylvatica) zu erfassen. Er setzte die Tiere in Teiche, die unterschiedlichen Abstand zu landwirtschaftlich genutzten Feldern aufwiesen. Dabei verwendete er spezielle Aufzuchtstationen: Die Froschlarven lebten in Behältern, deren Netze Ribeiroia-Cercarien – winzige Stadien eines parasitären Trematoden – durchließen oder nicht.
Kaum begann bei den Kaulquappen die Metamorphose, die sich mit dem Durchstoßen der Vorderbeine anzeigte, sammelte Kiesecker die Tiere ein, tötete sie und untersuchte sie auf Zahl der von den Parasiten gebildeten Cysten und das Ausmaß der Gliedmaßen-Verkrüppelungen. Außerdem ermittelte er im Teichwasser die Konzentrationen einiger gängiger Pestizide. Und um die Freilandergebnisse vorsichtshalber zusätzlich abzusichern, zog er einige Tiere auch im Labor unter verschiedenen Pestizidkonzentrationen sowie mit oder ohne Parasiten groß.
Die Ergebnisse schieben dem Parasiten Ribeiroia eindeutig einen schwarzen Peter zu: Nur in deren Gegenwart entwickelten die Froschlarven verkrüppelte Gliedmaßen. Außerdem fielen alle Tiere mit Parasitenbefall deutlich kleiner aus als ihre unbelasteten Artgenossen. Doch zeigten sich die Pestizide als verstärkendes Übel: Während über ein Viertel der jugendlichen Frösche in der Nähe der Landwirtschaftsflächen Deformationen zeigten, waren es in den abgelegenen Teichen nur 4 Prozent.
Auch lag die Zahl der Cysten in den Laborversuchen mit Pestizideinfluss höher als in den Kontrollansätzen – offenbar beeinträchtigten die chemischen Substanzen die Abwehrkräfte der Tiere, mit denen sie sich sonst gegen die Parasiten zur Wehr setzen. Darauf deutet auch hin, dass selbst bei geringen Konzentration von Pestiziden die Zahl der eosinophilen Granulocyten deutlich sank – einer bestimmten Gruppe weißer Blutkörperchen, die in der Infektionsabwehr eine Rolle spielen.
Warum aber fanden sich dann in anderen Studien Frösche mit deformierten Gliedmaßen, die frei von Parasiten sind? Kiesecker vermutet, dass die Tiere womöglich fähig sind, die ungewollten Mitbewohner irgendwie abzustoßen – doch dann ist der Schaden schon geschehen.
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