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Milchstraßensystem: Unser Milchstraßensystem ist aufgewölbt

Neue Beobachtungen von veränderlichen Sternen des Typs Cepheid belegen, dass die Scheibe unserer Milchstraße verbogen und etwas aufgewölbt ist.
Der Aufbau unseres Milchstraßensystems

Da wir unser Milchstraßensystem, in dem sich die Sonne befindet, nicht von außen sehen können, ist es nicht einfach, sich einen Eindruck von ihrer Form und Struktur im Ganzen zu verschaffen. Dies gilt insbesondere für diejenigen Bereiche, die sich von uns aus gesehen hinter den dichten Gas- und Staubwolken des galaktischen Zentrums verbergen. Nun beobachtete ein Forscherteam um Michael W. Feast von der südafrikanischen University of Cape Town fünf veränderliche Sterne vom Typ Cepheid ober- und unterhalb des Zentrums, die neue Informationen über diesen schwer zugänglichen Bereich liefern. Sie zeigen, dass die Scheibe unseres Milchstraßensystems, in der sich die meisten Sterne befinden, etwas aufgewölbt ist. Darauf hatten schon Beobachtungen von interstellarem Wasserstoff hingewiesen, aber nun gelang es erstmals, in diesen Regionen auch Sterne aufzuspüren.

Der Aufbau unseres Milchstraßensystems | In dieser künstlerischen Darstellung unseres Milchstraßensystems sind fünf neu entdeckte veränderliche Sterne vom Typ Cepheid eingezeichnet (blaue Punkte), die sich von aus gesehen hinter dem galaktischen Zentrum befinden. Sie zeigen an, dass unsere Galaxis etwas aufgewölbt ist, da sich in ihrem Umfeld noch viele andere Sterne befinden müssen. Die Position unserer Sonne ist mit einem gelben Punkt markiert, die blauen Kreise in ihrem näheren Umfeld sind seit Langem bekannte Cepheiden.

Cepheiden sind in der Astronomie eine Art von Standardkerzen, mit denen sich große Entfernungen in der Größenordnung von einigen 10 000 bis wenigen Millionen Lichtjahren präzise bestimmen lassen. Es sind Sterne, deren Leuchtkraft sich periodisch mit großer Regelmäßigkeit verändert, wobei die Periode im direkten Zusammenhang mit der Leuchtkraft steht. Aus der Messung der Periode lässt sich also die absolute Leuchtkraft des jeweiligen Cepheiden bestimmen und zusammen mit der beobachteten Helligkeit des Sterns dann seine Entfernung. Benannt sind diese veränderlichen Sterne nach ihrem Prototypen Delta Cephei im Sternbild Kepheus.

Der Cepheide OGLE-BLG-CEP-32 | Eine Infrarotaufnahme des Sterns OGLE-BLG-CEP-32, der sich rund 100 000 Lichtjahre von uns entfernt hinter dem Zentrum des Milchtraßensystems befindet. Beigestellt ist ein Spektrum, aus dem sich seine Natur als Cepheidenstern und seine Entfernung ableiten ließ.

Insgesamt spürte das Forscherteam bei seinen Beobachtungen 32 veränderliche Sterne auf, von denen sich fünf als klassische Cepheiden entpuppten. Sie stehen zwischen 3300 und 6500 Lichtjahren ober- und unterhalb der galaktischen Scheibe und sind vom Zentrum unseres Milchstraßensystems zwischen 42 000 und 71 000 Lichtjahren entfernt. Unsere Sonne trennen vom galaktischen Zentrum rund 27 000 Lichtjahre, damit sind die Cepheiden rund 69 000 bis 98 000 Lichtjahre von uns entfernt. Die relativ großen Entfernungen der fünf Cepheiden belegen, dass sie nicht zur zentralen Aufwölbung unserer Galaxis, englisch: bulge, gehören, sondern sich weit dahinter befinden. Außerdem bewegen sie sich mit Eigengeschwindigkeiten, die ihren Entfernungen entsprechen. Sie sind somit keine versprengten Sterne aus Zwerggalaxien, die gelegentlich vom Schwerefeld unseres Milchstraßensystems eingefangen und zerrissen werden, sondern sind klar galaktischen Ursprungs.

Die Forscher um Feast sind sich sicher, dass die bislang entdeckten Sterne in den Regionen jenseits des galaktischen Zentrums nur die Spitze des Eisbergs darstellen und sich dort noch viele Sterne befinden müssen. Weitere Untersuchungen dürften es erlauben, das Schwerefeld und die Struktur unserer Galaxis noch detaillierter als bislang zu bestimmen. Daraus lassen sich dann auch Informationen über die Verteilung der mysteriösen Dunklen Materie in unserer Galaxis gewinnen und Schlüsse ziehen, wie sie in den galaktischen Außenbereichen angeordnet ist.

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