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News: Unter Schock

In den ursprünglichsten aller Meteorite, den Chondriten, gibt es Minerale, die im solaren Urnebel Kontakt mit Wasser hatten. Endlich haben Forscher eine Erklärung, wie es dazu kam. Ganz nebenbei erhärtet sich dabei der Verdacht, dass die Erde ihr Wasser einst aus dem All bezog.
Chondren
Sie sind nur einige Millimeter groß und ziemlich unscheinbar, doch sie sind die älteste Materie, die der Mensch in den Händen halten kann. Chondren heißen die Kügelchen in den so genannten Chondriten. Diese chemisch ursprünglichsten Meteoriten sind gleichsam eingefrorene Teilchen der Ursuppe, jenes solaren Nebels, aus dem die Sonne und ihre Planeten entstanden.

Die Chondren bestehen aus Silikaten und Metallen und sind bisweilen von einer merkwürdigen, feinen Kruste umgeben, in der die Silikate eindeutig mit Wasser in Berührung gekommen sein müssen. Wie diese hydratisierte Hülle einst entstanden ist, darüber rätseln die Forscher. So dachte man anfangs, die Kruste sei durch die Kollision der Staubkörner mit Wassermolekülen entstanden. Doch seit 15 Jahren weiß man, dass die Lebensdauer jenes extrasolaren Nebels zur Bildung solcher hydratisierten Minerale angesichts der niedrigen Temperaturen schlichtweg zu kurz war.

Jetzt könnten Fred Ciesla von der University of Arizona und seine beiden Kollegen aus diesem Dilemma einen Ausweg gefunden haben. Schon vor Jahren hatten die Wissenschaftler nämlich darüber spekuliert, dass irgendein energiereiches Ereignis - eine Schockwelle beispielsweise - im solaren Nebel kurzzeitig Bedingungen schuf, unter denen sich solche Hüllen aus hydratisierten Silikaten bilden konnten. Beweise haben die Forscher für ihre Theorie natürlich nicht, immerhin sind ihre Computersimulationen höchst schlüssig.

Demnach verlangsamen solche Schockwellen beim Auftreffen die Gase des Urnebels und verdichten und erhitzen sie. Die Chondren hingegen fliegen - ihrer Trägheit wegen - mit nahezu unverminderter Geschwindigkeit weiter.

Kreuzen diese Chondren nun eine solche Schockwelle, so erhitzen sie sich - ganz ähnlich, wie es Meteoriten in der Erdatmosphäre auch tun. Die Oberfläche der Chondren schmilzt, wird zu Staub zerfetzt und reagiert sodann mit dem heißen Wasserdampf im Bereich der Schockwelle. Anschließend kühlen sich die Chondren auf ihrem Weg durch die Welle wieder ab, erstarren und sammeln jenen, nun hydratisierten Staub wieder ein. Und schon ist die Kruste aus hydratisiertem Silikatstaub fertig.

Besonders spannend an der ganzen Geschichte ist, dass das Wasser um die Chondren in seiner Isotopenzusammensetzung dem Wasser auf der Erde sehr ähnlich ist. Der Verdacht liegt also nahe, dass das Wasser nicht aus der sich abkühlenden Erde selbst kondensierte, sondern nach und nach durch Kometen angeliefert wurde - zumal die Erde bei ihrer Entstehung vermutlich so heiß war, dass darin allenfalls geringe Mengen Wasser gebunden waren.

Einzig ein Problem können die Forscher mit ihrem Modell noch nicht lösen, nämlich, wie und warum es zu diesen Schockwellen kam. Immerhin hat Fred Ciesla schon eine Idee: Als sich der Riesenplanet Jupiter bildete, hat er mit seinem mächtigen Schwerefeld sicher manchen riesigen Asteroiden aus der Bahn geworfen. Rasend schnell pflügten sie durch den solaren Nebel und erzeugten jene Schockwellen - wie ein Flugzeug beim Durchbrechen der Schallmauer.

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