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Entscheidungstheorie: Unterschiedliche Perspektiven beeinflussen Gesundheitsentscheidungen

Vor die Frage gestellt, entweder einer riskanten medizinischen Behandlung zuzustimmen oder einen risikoreichen Krankheitsverlauf auszusitzen, wählen Menschen unterschiedlich, je nachdem ob sie für sich oder eine andere Person entscheiden. Dies ergab eine Untersuchung der University of Michigan Medical School und des VA Ann Arbor Healthcare System.

Den knapp 2400  Teilnehmern der US-amerikanischen Online-Befragung wurden jeweils zwei fiktive Krankheits-Szenarien präsentiert: eine Vogelgrippe- Epidemie oder aber eine langsam fortschreitende Krebserkrankung, die jeweils mit einer riskanten Impfung oder einer Chemotherapie behandelt werden könnten. In vier Gruppen aufgeteilt, wurden die Teilnehmer anschließend gebeten, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen – die des selbst Betroffenen, des Elternteils eines betroffenen Kindes, eines Arztes, der seinen Patienten anweisen soll oder aber eines Verantwortlichen im Gesundheitsbereich, der für eine große Gruppe von Menschen entscheiden muss.

Im Falle der fiktiven Vogelgrippe-Epidemie wählten nur 48 Prozent der Probanden die riskante Impfung für sich selbst. Mehr als 57 Prozent würden dagegen das eigene Kind behandeln lassen. In der Rolle des Arztes würden 63 Prozent der Befragten einen Patienten zur Impfung anweisen. Als Gesundheitsverantwortliche entschieden sich gar knapp drei Viertel der Studienteilnehmer für eine medizinische Behandlung.

Ein ähnliches Entscheidungsmuster zeigte sich bei dem Szenario der Krebserkrankung: Während nur 60 Prozent der Befragten eine Chemotherapie wählen würden, wenn sie selbst betroffen wären, würden über 70 Prozent ihr eigenes Kind behandeln lassen. Auch in der Rolle des Arztes oder oder des Verantwortlichen würden knapp 70 Prozent der Studienteilnehmer ihre Klientel zu einer Behandlung anweisen.

Da die Behandlung, wenn auch riskant, jeweils statistisch gesehen die bessere Wahl war, entschieden die Teilnehmer tendenziell vernünftiger, wenn sie sich für die Gesundheit anderer verantwortlich fühlten, erklärt der Mediziner Peter Ubel von der Universität von Michigan. Bei Entscheidungen über das eigene Wohl hingegen sei die Angst vor den Nebenwirkungen einer medizinischen Therapie häufig größer als die Furcht vor den negativen Konsequenzen der Passivität, ergänzt Sozialwissenschaftler und Entscheidungs-Forscher Brian Zikmund-Fisher von der Universität von Michigan.

Ein Perspektivenwechsel könne daher im Ernstfall sowohl Arzt als auch Patient dabei helfen, die jeweiligen Positionen des anderen besser einzuschätzen und so eine informierte Entscheidung über die Wahl von medizinischen Behandlungen zu treffen.

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