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Unwetter in der Eifel: Die Faktoren hinter den vernichtenden Sturzfluten

Mehrere Effekte müssen zusammenkommen, damit Sturzregen ganze Ortschaften verwüstet. Der Regen ist nur einer davon - auch die Topografie spielt eine Rolle.
Luftbild der Trümmer in Schuld bei Adenau. Dort nahm nach schweren Unwettern der Fluss Ahr vorübergehend Teile seiner früheren Flussaue in Besitz. Sechs Häuser stürzten ein.

Schwere Unwetter, Starkregen und Sturzfluten haben in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Rekordhochwasser und verheerende Zerstörungen verursacht. Besonders stark betroffen waren das Bergische Land und die Eifel. Über 170 Menschen starben bis zum 22. Juli, mehrere Dutzend werden derzeit noch vermisst. Hinter den verheerenden Fluten steckt eine Reihe von Ursachen, die in ihrer Kombination verhängnisvoll wirkten.

Die wichtigste Rolle spielte dabei eine besonders regenträchtige Wetterlage, die uns bereits in den letzten Wochen heftige Unwetter bescherte. Über großen Teilen Deutschlands liegt schon seit einiger Zeit relativ warme und feuchte Luft, der das Tief »Bernd« zu Anfang der Woche von Südwesten noch Nachschub lieferte.

Diese Luftmasse ist labil, das heißt, sie neigt dazu aufzusteigen. Und weil in der Höhe der Druck abnimmt, dehnt sie sich aus und kühlt dadurch ab. Dadurch kann sie viel weniger Wasserdampf mit sich tragen, so dass Wasser kondensiert, das als Regen fallen kann. Und das ist erst der Anfang. Beim Kondensieren gibt Wasser Wärme ab, die aufsteigende Luftmasse wird relativ zur umgebenden Luft also immer wärmer, steigt immer schneller auf und gibt dadurch immer mehr Wasser ab – ein Teufelskreis, durch den die feuchtwarme Luft gigantische Mengen Regen abgeben kann.

Das Einzige, was sie dazu braucht, ist ein Anlass zum Aufsteigen, ein Umstand, der immer wieder zu Gewittern führte. Doch was am Mittwochnachmittag geschah, hatte ganz andere Dimensionen. Als das Tief Bernd von Nordfrankreich nach Osten zog, begann es die labile, feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum an seiner Nordseite nach Westen zu führen. Dort traf sie auf kühle Luft vom Atlantik. Dieses als Konvergenz bezeichnete Zusammentreffen fand in einem Streifen von etwa dem Sauerland bis in den Südosten Belgiens statt, wo sich die enormen, als Dampf gespeicherten Wassermengen entluden.

Am schwersten getroffen wurde die Eifel. Ursache ist vermutlich neben der Konvergenz der Luftmassen ein weiterer physikalischer Effekt. Dort beginnt die Region hügelig zu werden und bremst die unteren Luftschichten. Die Folge ist eine Art atmosphärischer Auffahrunfall, den man als Staueffekt bezeichnet: Weitere heranziehende Luftmassen werden zum Aufsteigen gezwungen. Ein Hindernis wie die Eifel verstärkt also die Aufstiegstendenz der ohnehin labilen Luftmassen weiter – und erzeugt so zusätzliche Regenfälle.

Zwei weitere Faktoren verschärften das Problem. Zum einen das Gelände. Besonders in hügeligen Regionen machen Steigung und die Konzentration des Abflusses auf Täler die Überschwemmungen zu reißenden Sturzfluten, deren genaue Verläufe wegen des großen Einflusses lokaler Gegebenheiten kaum vorherzusagen sind. Zum anderen regnet es schon seit Wochen immer wieder in der Westhälfte Deutschlands. Die Böden waren schon vor den aktuellen Starkregen gesättigt. Diese brachten nun lokal teilweise mehr als 150 Liter pro Quadratmeter, die überwiegend oberflächlich abflossen. Und so strömte das gesamte Wasser aus der vorher schwülwarmen Luft nun ungebremst durch Straßen und Häuser. Zum Wochenende soll sich Wetter endlich beruhigen: Ein Hoch weitet seinen Einfluss auf Mitteleuropa aus.

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