Direkt zum Inhalt

News: Unzufriedene Demokraten

Junge Menschen sind interessiert an der Politik und wollen die Gesellschaft mitgestalten. Den demokratischen Alltag in der Bundesrepublik beurteilen sie allerdings kritisch. Noch deutlicher fällt diese Kritik in den neuen Bundesländern aus. Hier hat die Zufriedenheit mit den demokratischen Verhältnissen im Verlauf der 90er Jahre sogar noch abgenommen. Dies sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 7000 deutschen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 16- bis 29 Jahren, die das Deutsche Jugendinstitut in München 1997 durchführte und jetzt unter dem Titel 'Unzufriedene Demokraten' veröffentlicht. Die Untersuchung knüpft an eine Studie von 1992 an.
Politik ist nur ein Aspekt im Leben Jugendlicher und junger Erwachsener und nicht der wichtigste: Freizeit, Freunde und Familie sind den jungen Leuten wesentlich wichtiger. Gleiches gilt für Ausbildung und Beruf, wie die Studie des Deutschen Jugendinstituts ergab. In ihren Lebensvorstellungen findet sich eine hohe Wertschätzung von Selbstverwirklichung, gleichzeitig spielen nach wie vor auch Leistung und Verantwortung eine große Rolle. Dies kommt zum Beispiel in der Bereitschaft eines großen Teils von ihnen zum Ausdruck, sich sozial und politisch zu engagieren. Allerdings richtet sich diese Bereitschaft zum Engagement weniger auf die Organisationen und Handlungsformen der etablierten Politik als vielmehr auf Bereiche, die institutionell nicht stark verfestigt sind und inhaltlich deshalb stärker von ihnen selbst mitbestimmt werden können.

Die durchgängig stärkere Kritik der jungen Ostdeutschen an den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik hängt offenbar mit ihren spezifischen Erfahrungen im Einigungsprozess zusammen. Für ihr persönliches Leben ziehen sie – wenn sie die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen – keine ausschließlich positive Bilanz und der größte Teil von ihnen findet, dass die Interessen der ehemaligen DDR-Bürger im Verlauf der deutsch-deutschen Vereinigung wenig oder überhaupt nicht berücksichtigt worden seien. Dementsprechend sind fast doppelt so viele Ostdeutsche wie Westdeutsche der Meinung, dass sie im Vergleich zu anderen in der Bundesrepublik weniger als den "gerechten Anteil" erhalten.

Der Glaube, dass Politiker sich viel um die Belange und Wünsche der Bevölkerung kümmern würden, ist gering und im Osten um einiges niedriger als im Westen. In ihrer skeptischen Haltung gegenüber der Politik unterscheiden sich die jungen Menschen in der Bundesrepublik allerdings kaum von der erwachsenen Bevölkerung. Ihre Skepsis gegenüber den politischen Verhältnissen bezieht sich nicht auf die Idee der Demokratie. Im Gegenteil: Sie findet nach wie vor bei der großen Mehrheit der 16- bis 29jährigen eine klare Zustimmung, auch wenn zwischen 1992 und 1997 eine gewisse Abnahme, insbesondere in den neuen Bundesländern, festzustellen ist. Zentralen Institutionen der etablierten Politik wie Bundesregierung, Bundestag und politischen Parteien bringen die jungen Bürger dagegen wenig Vertrauen entgegen. Im Unterschied dazu finden Institutionen, die für alternative Politikinhalte und deren Durchsetzung stehen, wie Greenpeace und Bürgerinitiativen, deutlich höheres Vertrauen. Ebenso genießt das Bundesverfassungsgericht als von den politischen Auseinandersetzungen unabhängige Institution bei den jungen Bürgern ein hohes Vertrauen.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.