Urahnen: Uralter Zahnschmelz klärt unsere Verwandtschaftslinie auf
Wissenschaftlern ist es gelungen, Erbgutinformationen aus einem 800 000 Jahre alten menschlichen Fossil zu erhalten. Die Forscher um Frido Welker von der Universität Kopenhagen untersuchten dazu den Zahnschmelz eines Homo antecessor, wie sie in »Nature« schreiben. »Die Analysen der alten Proteine liefern Belege, dass Homo antecessor, Neandertaler, Denisovaner und wir moderne Menschen enger verwandt waren und Homo antecessor quasi eine Schwesterngruppe zu unserer bildete«, sagt Walker. Die Untersuchung derartiger Proteine ermögliche es, die menschliche Entwicklung noch weiter in der Vergangenheit genau zu rekonstruieren.
Bislang musste sich die Anthropologie dabei neben morphologischen Studien von Fossilien auf DNA-Studien verlassen. Da DNA jedoch über derart lange Zeiträume stark degradiert, stößt sie an Grenzen: Die älteste menschliche DNA, die bisher analysiert werden konnte, stammt aus der Zeit vor 400 000 Jahren – die von Walker und Co angewandte Technik der so genannten Paläoproteomik schiebt diesen Zeitraum weiter in die Vergangenheit.
Der untersuchte Zahn gehört zum Fossil eines Homo antecessor, das 1994 in der spanischen Sierra de Atapuerca ausgegraben wurde. Auf Grund verschiedener Merkmale im Körperbau schlossen Anthropologen, dass dieser Hominine der letzte gemeinsame Vorfahr von Neandertaler und Homo sapiens gewesen sein könnte. Allerdings war die Einstufung als eigene Art und damit die Verwandtschaft zu anderen Angehörigen der Gattung Homo sehr umstritten. Einige Fossilfunde zeigten übereinstimmende Merkmale mit dem Neandertaler, andere Charakteristika aus dem Gesichtsbereich glichen dagegen jenen von Homo sapiens.
Die Proteinanalyse beseitigt diese Unklarheiten vielleicht. »Homo antecessor könnte sehr eng mit dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Neandertaler, Denisovaner und uns verwandt gewesen sein. Die gemeinsamen Eigenschaften der vier Homininenarten sind also womöglich noch früher entstanden, als wir bislang vermutet haben«, sagt José María Bermúdez de Castro, der wissenschaftliche Kodirektor der Ausgrabungsstelle in Atapuerca.
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