Direkt zum Inhalt

News: Urknall im Kleinen

Neutronen und Protonen bilden die Bausteine der Atomkerne. Diese bestehen ihrerseits aus je drei Quarks, die durch so genannte Gluonen fest aneinander geklebt sind. Der Zusammenhalt ist dabei derart stark, dass Quarks und Gluonen vermutlich nur kurz nach dem Urknall frei in einer Art Plasma vorlagen. Nachdem Forscher am CERN vor knapp zwei Jahren in ihren Experimenten erste Hinweise auf ein solches Plasma fanden, deuten nun auch die Ergebnisse ähnlicher Versuche ihrer Kollegen am Relativistic Heavy Ion Collider darauf hin.
Quark-Gluonen-Plasma
Quarks bilden zusammen mit den so genannten Leptonen die grundlegenden Bausteine der Materie. Dabei bilden sie in Paaren oder Dreiergruppen weitere, größere Teilchen wie unter anderem die Neutronen und Protonen. Einzeln ließen sich die sechs verschiedenen Quarks bisher allerdings nicht beobachten, denn ein äußerst starker Klebstoff sorgt für einen festen Zusammenhalt: die starke und kurzreichweitige Farbkraft, vermittelt durch die Gluonen.

Vor rund 15 Milliarden Jahren, wenige Mikrosekunden nach dem Urknall und kurz bevor Neutronen und Protonen kondensierten, herrschten jedoch Bedingungen im Universum, bei denen die Quarks und Gluonen frei umherrschwirren konnten und so ein dichtes Quark-Gluonen-Plasma bildeten. Einen derartigen Materiezustand könnte es heute noch im Kern einiger Neutronensterne geben, doch sicher weiß man das nicht.

Aber auch auf der Erde sind Forscher bemüht, ein Quark-Gluonen-Plasma herzustellen. Dazu müssen gewaltige Drücke und sehr hohe Temperaturen erzeugt werden – mehr als eine Billion Grad Celsius sollten es schon sein. Derartiges lässt sich nur bei Kollisionsexperimenten mit hoher Energie an Teilchenbeschleunigern erreichen, und so lieferte denn auch vor knapp zwei Jahren zusammenstoßende Blei-Ionen am CERN in der Schweiz gute Hinweise auf das besondere Plasma.

Seit ungefähr einem halben Jahren steht nun auch der Relativistic Heavy Ion Collider am Brookhaven National Laboratory in den USA zur Verfügung, der ebenfalls die seltene Materieform erzeugen sollte. Und auch hier konnten die rund 300 Forscher von 44 Instituten weltweit deutliche Anzeichen dafür erkennen. Im Experiment ließen sie Gold-Atomkerne mit einer Energie von 130 Gigaelektronenvolt aufeinander prallen und untersuchten mit dem riesigen Phenix-Detektor, welche Teilchen und wie viele im rechten Winkel vom Kollisionsort wegflogen.

Dabei stellten die Physiker fest, dass es deutlich weniger Teilchen waren, als die Theorie vermuten ließ. William Zajc, der Sprecher der Phenix-Gruppe, erklärt: "Das ist eines der ersten von vielen möglichen Anzeichen für ein Quark-Gluonen-Plasma." In dem dichten Materiezustand – die Quarks sind etwa hundertmal dichter gepackt als in einem Atomkern – würden die sich schnell bewegenden Teilchen zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Quarks und Gluonen durchleben, was ihre Energie aufzehrte und verhinderte, dass neue Teilchen entstünden. Das Ausbleiben der Teilchen künde damit von dem besonderen Materiezustand.

Doch obwohl dieser Befund schon recht vielversprechend scheint, geben sich die Wissenschaftler noch vorsichtig. Weitere Experimente müssten erst noch andere Hinweise liefern, um ganz sicher zu gehen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.