Phytopathologie: Ursprung der Kartoffelfäule aufgeklärt

Der Erreger der Kraut- und Knollenfäule, der im 19. Jahrhundert die Kartoffelernten in Europa vernichtete und schwere Hungersnöte auslöste, stammt aus den südamerikanischen Anden. Indem es das komplette Genom des pathogenen Pilzes mit jenem verwandter Arten verglich, konnte ein US-amerikanisches Team den Ursprungsort der Pflanzenkrankheit dingfest machen und eine bisher geltende Theorie widerlegen.
Zwischen 1845 und 1849 kam es durch die Kartoffelfäule in Europa zu schweren Missernten; am härtesten traf es Irland. Schätzungsweise eine Million Menschen starben hier an der als »Große Hungersnot« in die Geschichte eingegangenen Katastrophe, die weite Teile der Insel entvölkerte und zu Massenauswanderungen führte. 1876 beschrieb der deutsche Mykologe Anton de Bary (1831–1888) den Erreger der Pflanzenkrankheit: den EipilzPhytophthora infestans. Er befällt Blätter und Stängel, gelangt aber auch in die Knollen, die dadurch ungenießbar werden.
Lange galt die These, der Pilz stamme aus Mexiko und habe sich dann in Nordamerika ausgebreitet, von wo aus er über infizierte Saatkartoffeln per Schiff weltweit verschleppt worden sei. So soll er schließlich auch nach Südamerika in die Zentralanden gelangt sein, die ursprüngliche Heimat der Kartoffelpflanze (Solanum tuberosum).
Die Biologin Jean Ristaino von der North Carolina State University in Raleigh (USA) zweifelt schon lange an dieser These. Bereits 2004 hatte sie aus historischen Herbarien Phytophthora-Proben aus verschiedenen Regionen der Erde gewonnen und daraus die mitochondriale DNA des Pilzes analysiert. Die dadurch möglichen Genvergleiche deuteten nach Südamerika statt nach Mexiko als Ursprungsort.
Die genetischen Analysemethoden sind inzwischen weit fortgeschritten; seit 2009 ist das vollständige Erbgut von P. infestans bekannt. Das erlaubte Ristaino und ihren Kollegen, die Genome verwandter Spezies miteinander zu vergleichen. Wie die in der Zeitschrift PLOS ONE veröffentlichten Ergebnisse zeigen, ist der Übeltäter der »Großen Hungersnot« eng mit P. andina und P. betacei verwandt. Diese Pilze kommen jedoch ausschließlich in Südamerika vor. Dagegen ergaben sich bei den Genomen der mexikanischen Spezies P. mirabilis und P. ipomoea deutliche Unterschiede zum Erbgut von P. infestans.
Wie die Wissenschaftler vermuten, lag in den südamerikanischen Anden ein Hotspot für die Bildung neuer Arten der Gattung Phytophthora, die sich dort in mehrere Spezies aufspaltete. Von hier aus erreichte P. infestans dann auch Mexiko und trat schließlich – verbreitet über internationale Handelsrouten – seinen fatalen Siegeszug über die Erde an.
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