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Gain-of-Function-Experimente: USA gibt kontroverse Virenforschung frei

Wie macht man ein Virus zum globalen Killer? Forschung, bei der Erreger gezielt gefährlicher gemacht werden, wird jetzt in den USA wieder gefördert - unter bestimmten Bedingungen.
Pulveriges Material

Es dürfen wieder Killerviren gebastelt werden! Die größte biomedizinische Forschungsinstitution der Welt, die US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH), finanziert wieder kontroverse Forschung, bei denen potenziell gefährliche Viren aggressiver gemacht werden. Der NIH-Direktor Francis S. Collins stellte am 19. Dezember auf der Website der Organisation eine neue Leitlinie des US-Gesundheitsministeriums vor. In der ist geregelt, wie in Zukunft Finanzierungsanträge für "gain of function"-Forschung geprüft und genehmigt werden sollen. Derartige Forschung zielt darauf ab, potenziell gefährlichen Viren wie Influenza, MERS-CoV oder Affenpocken ansteckender oder tödlicher zu machen, um zu erforschen, wie solche Veränderungen in der Natur ablaufen. Befürworter sehen in dieser Forschung ein wichtiges Instrument, um die Entstehung neuer Pandemien zu verstehen; Kritiker fürchten, dass solche Forschung unbeabsichtigt gefährliche Erreger freisetzen und so erst neue Pandemien auslösen könnte.

Die NIH hatten 2014 die Finanzierung solcher Projekte vorübergehend eingefroren, nachdem bereits 2011 Experimente an einem H5N1-Grippevirus zu einer heftigen Kontroverse geführt hatten. Damals hatten zwei Arbeitsgruppen den Erreger erfolgreich ansteckender für Säugetiere gemacht, um herauszufinden, welche genetischen Veränderungen die Vogelgrippe zu einem für Menschen gefährlichen Virus machen. Nachdem 2014 mehrere Beinaheunfälle mit gefährlichen Erregern Schlagzeilen machten, beschloss das US-Gesundheitsministerium, die Forschung an drei Viren vorerst zu stoppen.

Insgesamt 21 Projekte, bei denen SARS, MERS-CoV und Influenza gezielt gefährlicher gemacht werden sollten, kamen vorübergehend zum Erliegen, um Zeit zum Formulieren geeigneter Leitlinien für die Finanzierung solcher Projekte zu gewinnen. Der jetzt vorgestellte Entwurf sieht vor, dass neue Forschungsanträge von einem Regierungsgremium begutachtet werden. Die Arbeitsgruppen müssen unter anderem nachweisen, dass sie die Erreger sicher handhaben können. Kritiker sehen das grundsätzliche Problem jedoch nicht gelöst: Viele derartige Projekte trügen kaum etwas dazu bei, die Welt sicherer vor Pandemien zu machen, und sollten deswegen nicht genehmigt werden, sagte zum Beispiel der Epidemiologe Marc Lipsitch der "New York Times". Außerdem steht nach wie vor die Frage im Raum, ob derartige Forschung frei verfügbar in der wissenschaftlichen Literatur auftauchen darf.

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