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Kürzungen bei USAID: Trump zerschlägt mit der Entwicklungshilfe zugleich den Naturschutz

US-Präsident Donald Trump hat das US-Entwicklungshilfebudget nahezu auf null gekürzt. Das dürfte verheerende Folgen haben. Denn für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen fehlt das Geld nun gleich mehrfach.
Ein Tiger zeigt seine Zähne und blickt durch die Gitterstäbe eines Käfigs. Der Tiger hat ein gestreiftes Fell und seine Augen sind weit geöffnet, was auf eine aggressive oder defensive Haltung hindeutet. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Wildheit und Gefangenschaft.
Nur noch 300 wild lebende Exemplare des Sumatra-Tigers gibt es. Die Art könnte eine der ersten sein, die auf Grund der Kürzungen ausstirbt, weil es an Mitteln zur Finanzierung ihres Schutzes fehlt, vermuten Experten.

Die Zeitenwende in der US-Entwicklungs- und Umweltpolitik erreichte Hilfsorganisationen und Regierungen in aller Welt ohne Vorwarnung über Nacht. Wer auch immer Geld aus dem amerikanischen Entwicklungshilfebudget bezog, bekam Ende Januar per E-Mail ein Dokument, das mit »Stop-Work Order« überschrieben war. Mittels Exekutivanordnung hatte US-Präsident Donald Trump einen Finanzierungs- und Ausgabestopp für fast alle Programme verhängt, die aus dem Etat der US-Entwicklungsbehörde USAID finanziert werden – mit sofortiger Wirkung.

Fast 6000 Beschäftigte wurden inzwischen weltweit entlassen oder in den Zwangsurlaub geschickt, 90 Prozent aller Entwicklungshilfeprogramme liegen auf Eis.

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Kampagne von Trump und seinem »Berater für Regierungseffizienz«, Elon Musk, gegen all jene Regierungsbehörden, die aus ihrer Sicht keinen Beitrag zu Trumps »MAGA«-Agenda leisten. Trump hatte die Leitung der Behörde als »einen Haufen radikaler Verrückter« bezeichnet. Musk brandmarkte USAID sogar als »kriminelle Organisation«, für die es »an der Zeit ist, zu sterben«. Der Vorwurf an die Behörde: Sie gebe ohne direkte Gegenleistung US-Steuergelder im Ausland aus.

Auch wenn Gerichte die Abwicklung der Behörde noch stoppen oder bremsen könnten, ist der Schaden bereits jetzt immens. Vom globalen Gesamtbetrag für humanitäre Hilfe stammen 40 Prozent aus dem Budget der US-Entwicklungshilfe. USAID-Programme in mehr als 100 Ländern unterstützten Frauen in Konfliktgebieten, verbesserten die Trinkwasserversorgung in Afrika, ermöglichten die HIV/AIDS-Behandlung und wirkten an Korruptionsbekämpfung mit – und nicht zuletzt: Sie steckten immer wieder beträchtliche Geldsummen in Naturschutzprojekte.

Gerade im Naturschutz spielt die US-Entwicklungshilfe eine wenig bekannte, aber herausragende Rolle. Mit ihrem Wegfall stehen weltweit dutzende Projekte zum Schutz von Wildtieren und Ökosystemen auf der Kippe; das betrifft bedrohte Schildkröten in den Weltmeeren, Regenwälder in Asien bis hin zu Elefanten, Löwen und Nashörnern in Afrika.

Entlassene Angestellte räumen ihr Büro | In Washington holen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der US-Entwicklungshilfebehörde USAID ihre persönlichen Gegenstände aus dem Bürogebäude. Eine Schar von Demonstranten hat sich versammelt, um Unterstützung und Zuspruch zu geben.

Bedeutender noch: Weil Entwicklungsetat und Naturschutz auch in anderen Ländern so verquickt sind, haben die drastischen Trump-Kürzungen einen weiteren schädlichen Nebeneffekt. Er könnte dazu führen, dass die Summe, die die Weltgemeinschaft tatsächlich für Naturschutz aufbringt, um noch mehr als nur den Betrag schrumpft, den die US-Regierung künftig einzusparen gedenkt.

Eine zentrale Einsicht verschwindet von der Website

Warum überhaupt Gelder aus dem Entwicklungsetat auch für Naturschutz aufgewendet werden sollten, erklärte USAID bis vor Kurzem auf ihrer Website noch mit einer Einsicht, der sich auch internationale Organisationen und Gremien wie das Weltwirtschaftsforum in Davos anschlossen. Gesunde Ökosysteme hätten herausragende Bedeutung für das Wohlergehen und die Wirtschaftsleistung einer Gesellschaft. Folglich sei Naturschutz kein Luxus für die Reichen, sondern eine Notwendigkeit im Kampf gegen Armut und für menschliche Entwicklung. Ganz ähnlich argumentierte sogar die Nato, die die Umweltzerstörung und den Verlust der biologischen Vielfalt als konkrete Gefahr für die Weltbevölkerung identifizierte.

Seit Mitte Februar verzichtet USAID allerdings auf ihrer Internetpräsenz auf solche Einsichten. Stattdessen geht es nun darum, zu welchen Uhrzeiten die gefeuerten Mitarbeitenden ihre persönlichen Gegenstände aus der Zentrale im Ronald Reagan Building in Washington abholen können.

Mit rund 400 Millionen Dollar pro Jahr steckte USAID zwar einen deutlich geringeren Anteil seines Budgets in den Natur- und Umweltschutz als in die klassische Entwicklungsarbeit und Gesundheitsvorsorge. Doch weil noch andere Behörden Gelder beisteuerten, summierten sich die US-amerikanischen Gesamtausgaben für den internationalen Naturschutz nach Zahlen der OECD zuletzt auf etwa 900 Millionen Dollar pro Jahr, die nun womöglich komplett wegfallen.

Fast eine Milliarde Naturschutzgeld entfällt

So hat die Naturschutzbehörde US Fish and Wildlife Service (USFWS) ebenfalls ihr Portfolio an internationalen Naturschutzförderungen in dreistelliger Millionenhöhe gestoppt. »Auch dort nimmt von heute auf morgen niemand mehr den Telefonhörer ab oder beantwortet Mails«, sagt Christof Schenck, Geschäftsführer der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft (ZGF). Die ZGF ist als eine der großen international tätigen Naturschutzorganisationen stark vom Kurswechsel in den USA betroffen. Sie hat sowohl Unterstützung durch USAID als auch durch den USFWS erhalten.

Hilfsprojekt in Sambia | Zur Arbeit der ZGF gehört auch dieses Projekt in Sambia, bei dem Einheimische auch mit Unterstützung von USAID in den Umgang mit einem Mikrofinanzsystem eingeführt werden. Es ermöglicht lokalen Initiativen und Geschäften, vergleichsweise unkompliziert Kredite aufzunehmen und Geld anzulegen.

Für seine Kollegen jenseits des Atlantiks hat Schenck nur lobende Worte: »Das sind sehr kompetente Leute, die sich wirklich gut in der Welt auskennen.« Von der professionellen, zielgenauen und auch finanziell sehr effizienten Förderung könnten sich andere staatliche Geber viel abschauen.

Doch nun fehlt in seinem Budget von einem Tag auf den anderen eine hohe einstellige Millionensumme für fast ein Dutzend Projekte in fünf Ländern in Asien und Afrika.

»In allen Projekten geht es uns darum, nicht nur Tiere, sondern auch intakte Ökosysteme auf großem Raum für Menschen und Natur zu erhalten«, sagt Schenck. Ein Beispiel ist der North Luangwa Nationalpark in Sambia. Allein dieses Schutzgebiet ist mit fast 5000 Quadratkilometern doppelt so groß wie alle 16 deutschen Nationalparks zusammen. Mit Hilfe von USAID und USFWS konnten dort durch Wilderei ausgerottete Nashörner wiederangesiedelt und Programme zur nachhaltigen Landnutzung und zur Konfliktvermeidung zwischen Menschen und Wildtieren umgesetzt werden.

Weltweit drohen solche Projekte nun in sich zusammenzustürzen, wo es nicht gelingt, die Einschnitte zu kompensieren. »Wenn Schutzgebiete nicht mehr finanziert werden und Ranger entlassen werden müssen, steigen Wilderei, Rodungen und Habitatzerstörung an – das kann für manche bedrohte Arten den Todesstoß bedeuten«, sagt der Biologe.

Das Aussterberisiko steigt wieder

Wie viele andere Organisationen versucht die ZGF nun, ihre teils seit Jahrzehnten laufenden Schutzprogramme durch Umschichtungen, Einsparungen und die Suche nach neuen Geldgebern zu retten. »Die Entwicklungen schütteln uns kräftig, sie werfen uns aber nicht um«, zeigt sich Schenck zuversichtlich.

Auch auf den Fluren der gerade in Rom zu Ende gegangenen Weltnaturkonferenz COP16 dominiert der radikale Kurswechsel unter Trump die Diskussionen. Zwar sind die USA nicht Mitglied des UN-Abkommens zum Schutz der Biodiversität – dem Zwillingsabkommen zum Pariser Klimavertrag, das Artenvielfalt und Ökosysteme weltweit schützen soll. »Die US-Programme haben die Umsetzung der Ziele der Biodiversitätskonvention aber mit viel Geld unterstützt«, sagt Georg Schwede, Europachef des Naturschutzverbandes Campaign for Nature. Der Wegfall der US-Mittel müsse für die neue Bundesregierung ein weiterer Ansporn sein, das Versprechen einzuhalten, das Bundeskanzler Olaf Scholz gegeben hat: arme Länder mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro pro Jahr beim Erhalt ihrer global bedeutenden Naturschätze zu unterstützen.

Weil der Kampf gegen den Biodiversitätsverlust jedoch überwiegend aus den Etats der Entwicklungsressorts finanziert wird, dürfte es künftig schwer werden, noch mehr Mittel für den Naturschutz aufzubringen, befürchten Fachleute. Die Beträge für den Naturschutz könnten sogar weltweit sinken.

Biodiversitätskonferenz in Rom | Nachdem die COP16 im kolumbianischen Cali ergebnislos abgebrochen worden war, versammelten sich die Vertreter der Unterzeichnerstaaten Ende Februar 2025 in Rom erneut. Im Mittelpunkt stand die Finanzierung von Schutzmaßnahmen.

Kein Geld mehr für langfristigen Schutz

»Das Einfrieren der humanitären Hilfe bedroht sofort hunderttausende Menschen«, sagt Schwede. »Da ist es verständlich, dass die anderen Staaten in die Bresche springen.« Die Umschichtungen in den Entwicklungsetats gingen jedoch häufig auf Kosten von Natur- und Klimaschutzprogrammen. Noch stärker bedrohe aber die geänderte politische Großwetterlage den internationalen Naturschutz. »Wir erleben überall eine neue Prioritätensetzung«, beobachtet Schwede, der an den COP16-Beratungen in Rom teilgenommen hat. »Rüstung, Migrationsabwehr und Anreize gegen die schwächelnde Wirtschaft dominieren alles andere.« Vor allem die Ankündigung Trumps, Europa im Konflikt mit Russland künftig nicht mehr als Schutzmacht beiseitezustehen, führt zu massiven Umschichtungen in den Haushalten. So verkündete die britische Regierung zu Wochenbeginn, ihre Rüstungsausgaben kräftig hochzuschrauben. Um die Milliardensummen dafür aufzubringen, soll der Entwicklungshilfehaushalt um 40 Prozent gekürzt werden.

Aus Kreisen der noch regierenden Regierungskoalition in Berlin heißt es düster, eine ähnliche Entwicklung sei auch hier zu Lande wahrscheinlich. In Deutschland stammen 80 Prozent der Ausgaben für globalen Natur- und Klimaschutz aus dem Budget des Entwicklungsministeriums. »Wenn die Mittel, die wir insgesamt für unsere Partnerländer zur Verfügung haben, sinken, müssen sich die Partnerländer stärker entscheiden, in welchen Bereichen wir kooperieren wollen«, hatte Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth im Interview mit »Spektrum der Wissenschaft« bereits im Mai 2024 angekündigt. »Da gibt es neben dem Erhalt von Ökosystemen und Artenvielfalt auch andere Prioritäten in den Entwicklungsländern: Gesundheit, Bildung, Wirtschaftsförderung – das sind berechtigte Anliegen, deren Unterstützung desto stärker in Konkurrenz zu Naturschutzfinanzierung gerät, je weniger Geld da ist.«

Trotz dieser schwierigen Ausgangslage erzielten die Unterhändler zum Abschluss des UN-Naturgipfels in Rom in der Nacht einen wichtigen Etappensieg. Die Vertreter von 195 Regierungen einigten sich auf eine Strategie, mit der sie die Finanzierungslücke von 200 Milliarden Dollar jährlich schließen wollen. Um den Betrag aufzubringen, sollen neben den Umwelt- auch erstmals die Finanzminister aus Industrie- und Entwicklungsländern an einen Tisch gebracht werden.

Kleine Lichtblicke beim UN-Gipfel

»Die Chancen, diese für den Planeten überlebensnotwendige Summe zu erreichen, ist mit Rom deutlich gestiegen«, glaubt Finanzexperte Schwede. Bereits beim bevorstehenden Frühjahrsgipfel von Internationalem Währungsfonds und Weltbank müssten die Weichen für die Einbindung der Finanzminister gestellt werden.

Und es gibt weitere Lichtblicke. So werden mehr als ein Dutzend der ökologisch wertvollsten Großschutzgebiete der Erde die aktuelle Finanzkrise für die Natur als so genannte Legacy Landscapes – zu Deutsch etwa »Naturerbe-Landschaften« – weitgehend unbeschadet überstehen. Um ihren Schutz dauerhaft und unabhängig von aktuellen politischen Krisen zu finanzieren, hatten Regierungen und private Organisationen einen eigenen Naturerbe-Fonds geschaffen, aus dessen Erträgen die Schutzmaßnahmen dauerhaft bestritten werden können. Diese Schutzgebiete seien immer schon dazu gedacht gewesen, »dass die Lichter in der Naturkrise nicht erlöschen«, sagt ZGF-Manager Schenck. »In schwierigen Zeiten leuchten sie besonders hell.«

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