Direkt zum Inhalt

Usbekistan: Anbeginn des Ackerbaus weiter östlich als gedacht

Im Fruchtbaren Halbmond entstand der Ackerbau. Doch Funde aus einer Höhle in Usbekistan zeigen, dass auch in Zentralasien Vorformen der Landwirtschaft aufgekommen waren – und liefern die frühesten Nachweise für das Nutzen wilder Äpfel und Pistazien.
Eine große Höhle in einer felsigen Landschaft, deren Eingang mit Sandsäcken gesichert ist. Im Inneren der Höhle sind weitere Sandsäcke sichtbar. Eine Person steht in der Höhle, umgeben von Ausrüstungsgegenständen. Die Umgebung ist trocken und bergig, mit einem weiten Blick auf die umliegende Landschaft.
Im Tal des Surxondaryo in Usbekistan haben Fachleute vier Höhlen untersucht. In der Toda-Höhle 1 führten sie schließlich Ausgrabungen durch und entdeckten bis zu 9200 Jahre alte Pflanzenreste und Steingeräte von Jägern und Sammlern.

Vor mehr als 10 000 Jahren entstand in Vorderasien der Ackerbau mit der Domestizierung von Pflanzen – ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit, der sich über einen Zeitraum von Jahrtausenden erstreckte. Erste Anzeichen für eine Vorform landwirtschaftlicher Tätigkeiten fanden sich nun auch weit östlich des Kerngebiets der neolithischen Revolution, im heutigen Usbekistan in Zentralasien. Menschen pflegten demnach Lebensweisen, die irgendwann zum Ackerbau führten, in einem weitreichenderen Gebiet Eurasiens als bislang vermutet.

Demzufolge ernteten Menschen im Süden des heutigen Usbekistan vor ungefähr 9200 Jahren mit Steinsicheln wilde Formen der Gerste (Hordeum vulgare). Zudem fand das Forschungsteam um Xinying Zhou von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking dort auch den bislang frühesten Nachweis für die Nutzung von wilden Pistazien und Äpfeln, wie die Fachleute in der Zeitschrift »PNAS« berichten.

Generell lassen sich die Ursprünge vieler Kulturpflanzen wie Weizen, Gerste und Hülsenfrüchte auf den Fruchtbaren Halbmond zurückführen. Jenes Gebiet erstreckt sich vom Zweistromland über den Süden der Türkei und Syrien bis in die Levante, also den heutigen Libanon, Israel und Jordanien. Nun zeigen die Ausgrabungen aus der Toda-Höhle im Tal des Surxondaryo in Usbekistan, dass das Ernten von Wildgetreide weiter verbreitet war als gedacht. Denn dort, tausende Kilometer nordöstlich des Fruchtbaren Halbmonds etwa auf der Breite von Athen gelegen, fand das Team entsprechende Steinwerkzeuge, Holzkohle und Pflanzenreste.

Menschen sammelten Pistazien viel früher als bisher bekannt

Die Pflanzenreste waren Überbleibsel von Wildtypen – unter anderem von Gerste, Pistazien, Äpfeln und Ölweiden. Die Schalen wilder Pistazien (Pistacia vera), die in der Toda-Höhle zum Vorschein kamen, würden nun vier Jahrtausende früher als bisher bekannt belegen, dass Menschen in der Wildnis Pistazien sammelten.

Zum Schneiden der Pflanzen nutzten die Menschen Klingen, die überwiegend aus Kalkstein gefertigt und womöglich auf Hölzern befestigt zu Sicheln zusammengebaut wurden. Die Analysen der Pflanzen deuten zudem darauf hin, dass diese Region, die heute im Regenschatten des Pamir-Gebirges liegt und sehr trocken ist, ein feuchteres Klima hatte – ähnlich dem damaligen Fruchtbaren Halbmond. Die Fachleute vermuten daher, dass ähnliche Umgebungsbedingungen »die Ausbreitung von Menschen mit ähnlichen Wirtschaftsweisen aus Südwestasien in den Norden nach Zentralasien erleichtert haben«, heißt es in der Studie.

»Diese frühen Jäger und Sammler waren bereits mit den kulturellen Praktiken verbunden, die zu den Ursprüngen der Landwirtschaft führten«, erläutert Koautor Robert Spengler vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena, der die archäobotanischen Untersuchungen leitete. »Immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Domestizierung ohne bewusste Absicht des Menschen erfolgte. Die Entdeckung, dass die Menschen kontinuierlich Verhaltensweisen entwickelten, die zur Landwirtschaft führten, stützt diese Ansicht.« Domestizierte Formen von Gerste wurden in der Region der Studie zufolge erst vor etwa 8000 Jahren eingeführt, aus dem Gebiet des heutigen Iran. (dpa/kas)

  • Quellen
Zhou, X. et al., PNAS 10.1073/pnas.2424093122, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.