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News: Vergangenheit zeigt Zukunft

Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology bringt Beweise für eine radikale Klimaveränderung vor 118.000 Jahren. Dieser Klimawechsel läßt vielleicht auch Rückschlüsse auf die Zukunft der Erde zu.
Nach der Ansicht von Scott Lehman vom Institute for Arctic and Alpine Research an der University of Colorado in Boulder, deutet die Studie, die in Nature (Ausgabe vom 13. November) veröffentlicht wurde, darauf hin, daß möglicherweise eine rapide Reduktion der globalen Ozeanzirkulation vor etwa 118000 Jahren die jüngste Eiszeit auf der Erde ausgelöst haben könnte. Lehman ist der Autor eines News and Views-Artikels, in dem er die Bedeutung dieser von Jess Adkins geleiteten Studie kommentiert. Das Team des Massachusetts Institute of Technology untersuchte einen Sediment-Bohrkern vom Ozeangrund mit Hilfe geochemischer Datierungsmethoden. Der Bohrkern war ca. 45 m lang und stammte aus der nordatlantischen Sargasso-See. Er enthielt 160000 Jahre alte Sedimente und Fossilien und zeugte von signifikanten chemischen Veränderungen in der Tiefsee während der letzten 400 Jahre der jüngsten interglazialen Periode, welche vor ca. 127000 Jahren begann und vor 118000 Jahren endete.

Die Studie weist darauf hin, daß der Zirkulationsstrom, der heute ozeanische Wärme von den tropischen Gebieten nach Norden transportiert und einen Großteil Europas erwärmt, fast während der gesamten interglazialen Periode stark und unverändert blieb. „Interessanterweise wurden auch Beweise dafür gefunden, daß das beginnende Wachstum der Eismassen, das das Ende der interglazialen Periode markiert, von einer plötzlichen Rückentwicklung der Ozeanzirkulation begleitet wurde, die nur 400 Jahre andauerte und von der sich das Klimasystem offensichtlich nie erholte”, schrieb Lehman in Nature.

Die Wissenschaftler wissen Lehman zufolge immer noch nicht, warum oder wie dies geschehen sein könnte. „Einige Szenarien über die Klimabildung gehen davon aus, daß eine Erwärmung der Temperaturen auf der Erde die Ozeanzirkulation durch schmelzende Eisschichten und vermehrten Niederschlag 'abgewürgt' hat.” Klimamodelle, die den schnell anwachsenden Kohlendioxidspiegel in der Erdatmosphäre berücksichtigen, lassen vermuten, daß das Treibhausgas wahrscheinlich den Erwärmungsprozeß beschleunigt.

Die Erdtemperaturen waren in der gegenwärtigen interglazialen Periode, die vor ca. 9000 Jahren begann, zumeist relativ hoch und gleichbleibend. Eine wohlbekannte Ausnahme ist die „Kleine Eiszeit”, in der sich die Nordatlantik-Region abkühlte und die vor ungefähr 1500 Jahren begann und einige hundert Jahre andauerte.

Die ganze Zeit über waren Labrador und Baffin Island von semipermanenten Schneefeldern überdeckt, was die Reflexion des Sonnenlichtes von der Erde zurück in die Atmosphäre verstärkte. Ferner verringerte sich einige Zeit die auf die Erde treffende Sonnenstrahlung, deren Stärke sich zusammen mit einem periodischen Schwanken der Erdachse wandelt. Diese Abnahme ist, laut Lehman, auch zur heutigen Zeit zu verzeichnen.

„In diesem Zusammenhang kann eine leichte Abschwächung der Ozeanzirkulation mit der Wirkung eines Vorschlaghammers verglichen werden, und es ist denkbar, daß dadurch die gegenwärtige interglaziale Periode in die Knie gezwungen wird”, schrieb Lehman. „Diese Möglichkeit erhöht die Besorgnis um den potentiellen Einfluß des verstärkten Treibhauseffektes auf die Ozeane.”

Ein besonderes Problem sieht Lehman darin, daß die Wissenschaftler nicht wissen, was beim gegenwärtigen Klimawechsel natürlich ist und was vom Menschen verursacht wird. Diese Frage wird nur durch zusätzliche Forschung beantwortet werden können.

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