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Sozialverhalten: Roboter bringt Affen zum Gähnen

Gähnen ist ansteckend – sogar dann, wenn es von einer Maschine kommt. Schimpansen jedenfalls gähnen herzhaft, nachdem ein Roboterkopf ihnen das vorgemacht hat.
Foto eines Androidenkopfes, der ein Gähnen nachahmt. Ein Schimpanse, der ihn dabei beobachtet, muss selbst gähnen.
Gähnen im Duett: Das Schimpansenweibchen »Bea« vom spanischen Primatenschutzzentrum Fundació Mona tut es einem Roboterkopf gleich.

Bekanntlich steckt Gähnen an. Und zwar nicht nur, wenn ein Mensch es vormacht, sondern auch, wenn es von einem Roboter kommt. Versuche haben jetzt gezeigt, dass selbst Schimpansen herzhaft zu gähnen beginnen, wenn sie entsprechende Gesichtsbewegungen bei einem Androiden sehen. Das berichtet ein Forschungsteam um Ramiro Joly-Mascheroni von der City St George's University of London. Die Fachleute schließen daraus, dass ansteckende Verhaltensweisen offenbar nicht unbedingt soziale Nähe oder biologische Verwandtschaft voraussetzen – und nicht einmal von einem lebenden Artgenossen ausgehen müssen.

Das Team hatte im spanischen Primatenschutzzentrum Fundació Mona die Reaktion von 14 Schimpansen auf einen menschenähnlichen Androidenkopf untersucht. Dieser ahmte verschiedene Gesichtsausdrücke nach, darunter das typische Gähnen mit weit offenem Mund. Die meisten Affen reagierten darauf mit eigenem Gähnen. Auch legten sich die Tiere deutlich häufiger hin oder bauten Ruheplätze, nachdem sie den gähnenden Roboterkopf gesehen hatten.

Nachgeahmte Gesichtsausdrücke | Wenn dieser Roboterkopf ein Gähnen vormachte (drittes Motiv von links), taten Schimpansen es ihm gleich und legten sich anschließend auch öfter hin.

»Wir waren überrascht, wie stark die Reaktion war«, sagte Joly-Mascheroni gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). »Die Schimpansen schienen auf das Gähnen des Androiden genauso zu reagieren wie auf das eines Artgenossen.« Das werfe grundlegende Fragen über die Mechanismen sozialer Wahrnehmung auf. Offenbar reichten bestimmte Bewegungsmuster wie die charakteristischen Gesichtsregungen beim Gähnen aus, um bei Lebewesen eine biologische Reaktion auszulösen – selbst dann, wenn eine Maschine diese Bewegungen vormacht.

Von Bedeutung sei das etwa für Mensch-Roboter-Interaktionen. »Der Mensch ist evolutionär darauf gepolt, auf bestimmte Reize zu reagieren – unabhängig davon, ob sie biologisch oder künstlich sind«, erläuterte Joly-Mascheroni. Künftige Studien sollen klären, ob auch andere soziale Phänomene wie Nähe, Aufmerksamkeit oder sogar Formen von Einfühlungsvermögen durch Roboter ausgelöst werden können. (dpa/fs)

  • Quellen
Scientific Reports 10.1038/s41598–025–98639-z, 2025

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