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News: Verhütung durch Sperma

Weibliche Taufliegen nehmen es mit der Treue nicht so genau. Doch die Männchen wissen, den eigenen Reproduktionserfolg zu steigern: Zusammen mit ihrem Sperma schleusen sie in die Fliegendamen ein Peptid ein, das deren Attraktivität für weitere Freier herabsetzt.
<i>Drosophila melanogaster</i>
Der Interessenskonflikt ist klar: Während Männchen die Nachwelt mit möglichst vielen Sprösslingen beglücken möchten, bevorzugen Weibchen – deren Eizellen ja wesentlich "teurer" sind als männliches Sperma – eine weitaus strengere Auswahl ihrer Nachkommenschaft. Auch bei der Taufliege Drosophila melanogaster findet dieser Geschlechterkampf statt.

So lassen sich die Taufliegendamen durchaus mit mehreren Männchen ein, doch deren Sperma kommt nicht sofort zum Zuge. Denn die Weibchen lagern die Samenspende zunächst in einem Sammelbehältnis, dem Receptaculum seminis, zwischen, um sich so eine Auswahl vorzubehalten.

Allein mit der Begattung ist es für das Männchen also nicht getan, denn der Wettkampf – in Form von Spermienkonkurrenz – geht jetzt erst richtig los. Kein Wunder, dass die Männchen nach Mitteln und Wegen suchen, diese Konkurrenz möglichst klein zu halten.

So zeigen die Weibchen von Drosophila – und vieler anderer Insekten auch – eine auffällige Verhaltensänderung nach der Paarung: Einerseits sind sie für die nächsten fünf Tage weiteren Schäferstündchen eher abgeneigt, andererseits fahren sie in dieser Zeit drastisch ihre Eiproduktion hoch. Da beide Maßnahmen für das Weibchen eher kontraproduktiv, für das Männchen dagegen äußerst nützlich sind, drängt sich der Verdacht auf, dass dieses nicht ganz unschuldig daran ist.

Schon lange hegten Wissenschaftler den Verdacht, dass bestimmte Eiweiße im Ejakulat der Männchen diese Verhaltensänderungen auslösen, und schließlich ließ sich auch aus den Drüsen von Drosophila-Hoden ein aus 36 Aminosäuren bestehendes Peptid isolieren, das den bezeichnenden Namen Sexpetid erhielt. Der Nachweis, dass Weibchen tatsächlich auf dieses Sexpeptid reagieren, stand jedoch noch aus.

Diesen Nachweis haben jetzt zwei Arbeitsgruppen unabhängig voneinander mit unterschiedlichen Methoden nachgeliefert. Die Arbeitsgruppe von Tracey Chapman vom University College London bediente sich dabei der so genannten RNA-Interferenz: Sie injizierten in die Fliegenmännchen eine künstliche RNA, welche die Boten-RNA des Sexpetids ausschaltete. Entsprechend konnten die Männchen kein Sexpeptid mehr produzieren [1].

Huanfa Liu und Eric Kubli von der Universität Zürich wählten einen anderen Weg: Über direkten Genaustausch durch homologe Rekombination konnten sie in das Genom der Fliegenmännchen ein mutiertes Gen einschleusen, sodass auch diese Männchen auf ihr Sexpeptid verzichten mussten [2].

Dieser Verzicht schien die Männchen zunächst nicht weiter zu stören. Erfolgreich warben sie um Weibchen, und ihr Sperma blieb weiterhin gesund und fruchtbar. Doch die begatteten Weibchen zeigten sich ebenfalls unbeeindruckt: Ihre Eiproduktion blieb niedrig, ihr Interesse an anderen Männchen hoch. Die männlichen Maßnahmen zur Förderung des eigenen Fortpflanzungserfolgs und Ausschaltung lästiger Konkurrenten blieben aus.

Das Sexpeptid scheint demnach tatsächlich für die Verhaltensänderungen der Weibchen verantwortlich zu sein. Wie Experimente anderer Forscher jedoch bereits zeigen konnten, schafft es dies nicht allein. Nur in Kombination mit dem männlichen Sperma entfaltet es seine Wirkung. Die Forscher vermuten daher, dass das Peptid an die Samenzellen bindet – genauer gesagt: an deren Schwänze –, dadurch in den weiblichen Organismus transportiert wird, hier in die Hämolymphe der Weibchen übertritt, um dann seine Wirkung zu entfalten.

Dies würde auch die extrem langen Schwanzfäden einiger Taufliegen-Arten erklären. So produziert das nur drei Millimeter große Männchen von Drosophila bifurca Spermien von 5,8 Zentimetern Länge. Und je länger der Schwanz, desto mehr wirksames Sexpeptid kann er transportieren.

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