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Verhütung: Wirkstoff lässt Spermien an der Eizelle abprallen

Um mit der Eizelle zu verschmelzen, brauchen Spermien einen speziellen Ionenkanal auf ihrer Membran. Ein potenzielles neues Verhütungsmittel legt diesen Kanal lahm.
Eizelle mit Spermium
Illustration eines Spermiums an einer Eizelle: Wenn den Spermien der Zutritt versperrt ist, kommt es auch nicht zur Befruchtung.

Zur Befruchtung kommt es nur, wenn ein Spermium mit der Eizelle verschmilzt. Ein Wirkstoff, der diesen Vorgang verhindert, wäre also ein guter Kandidat für ein Verhütungsmittel. Und genau einen solchen haben nun Fachleute um Celia Santi von der Washington University School of Medicine in St. Louis entdeckt. Details dazu schildern sie in der aktuellen Ausgabe von »PNAS«.

Bereits bekannt war, dass die Verschmelzung nur geschieht, wenn sich die Spannung an der Oberfläche des Spermiums ändert. Dazu muss ein so genannter Ionenkanal aktiv werden, der im richtigen Moment Kaliumionen aus der Zelle schleust. Welcher Kanal im Spermium diese Aufgabe übernimmt, war aber bislang noch offen.

Santi und Kollegen testeten nun zahlreiche Wirkstoffe auf der Suche nach Substanzen, die diese Ionenkanäle lahmlegen. Bei einem Molekül mit der Bezeichnung VU0546110 hatten sie Erfolg. In Tests zeigten sie: Diese Substanz hemmt ganz gezielt einen Ionenkanal namens SLO3; daraufhin kommt es nicht zu den zum Verschmelzen nötigen Vorgängen. Offenbar ist SLO3 also der verantwortliche Kanal.

Zweierlei Erkenntnisse würden sich daraus ziehen lassen, sagen Experten: Zum einen könnte bei Männern, deren Gen für diesen Kanal defekt ist, eine Unfruchtbarkeit vorliegen, die sich bislang nicht erklären ließ. Zum anderen könnte auf Basis von VU0546110 ein Verhütungsmittel entwickelt werden, das sich dessen Wirkung zu Nutze macht. »Diese Möglichkeit sehe ich grundsätzlich auch, das Potenzial dafür ist klar vorhanden«, sagt etwa Artur Mayerhofer von der LMU München dem Science Media Center. Allerdings sei es vom eindeutigen Laborergebnis bis zur praktischen Umsetzung ein weiter und unvorhersehbarer Weg.

Ein großer Vorteil dieser Substanz ist, dass sie mit SLO3 einen Kanal hemmt, der ausschließlich in Spermien vorkommt. Nebenwirkungen in den Zellen anderer Gewebe sind darum erst einmal nicht zu befürchten, sofern sich nicht herausstellt, dass das Molekül auch auf andere biochemischen Vorgänge im Körper wirkt.

Trotzdem seien noch viele Studien nötig, um nachzuweisen, »ob tatsächlich und, wenn ja, wie effizient ein SLO3-Inhibitor denn [auch im lebenden Organismus] die Befruchtung verhindert«, sagt einer der Mitentdecker des Kanals, Timo Strünker vom Universitätsklinikum Münster.

Ob das Molekül als Kandidat für die lange gesuchte »Pille für den Mann« taugt, sei ebenfalls offen, sagt Strünker. »Denn der SLO3-Kanal und die Spermien müssen ja nicht im männlichen, sondern erst im weiblichen Körper ihre Funktion erfüllen.« Also kurz vor der Befruchtung selbst.

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