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News: Verräterischer Staub

Wenngleich das Sonnensystem bereits vor über 4,5 Milliarden Jahren entstand, ist es immer noch von einer Staubscheibe umgeben. In diesem Kuiper-Gürtel, so vermuten Forscher jetzt, wird der Staub bis heute ständig neu gebildet - und zwar infolge der Kollision größerer Körper. Besonders spannend ist dabei: Derlei Staubscheiben könnten bei fernen Sternen auf die Existenz von Planeten hinweisen.
Epsilon Eridani
Vor fünf Milliarden Jahren war unser Sonnensystem nichts anderes als eine rotierende Staubwolke, die sich langsam unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenzog. Ein paar hundert Millionen Jahre dauerte es dann noch, bis im Zentrum die Sonne und in ihrem Umfeld die Planeten entstanden. Doch selbst jenseits des im Durchschnitt immerhin rund 30 Astronomische Einheiten von der Sonne entfernten Neptuns ist das Sonnensystem noch lange nicht zu Ende. Der Kuiper-Gürtel reicht ganze 70 Astronomische Einheiten weit ins All. Hier kreisen neben dem Pluto die eisigen Felsbrocken der Kometen und Myriaden von staubfeinen Partikeln um die Sonne.

Doch alles in allem ist die Materiedichte im Kuiper-Gürtel außerordentlich gering. "In einem Volumen von 50 Kubikkilometern findet sich dort gerade einmal ein Staubteilchen", meint Markus Landgraf vom European Space Operations Centre in Darmstadt. "Und dennoch erzeugt die Materie einen hell leuchtenden Staubring, wie er auch von anderen Sternen bekannt ist."

Und das ist ungewöhnlich, denn angesichts ihres Alters sollte die solare Akkretionsscheibe eigentlich längst verschwunden sein. Sämtliche Materie müsste also entweder in den Planeten gebunden oder ins All hinausgeschleudert worden sein. Dass jene Staubscheibe des Kuiper-Gürtels heute, 4,5 Milliarden Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems, noch existiert, lässt nach Meinung Landgrafs und seiner Kollegen nur den Schluss zu, dass der Staub in unserem Sonnensystem ständig nachgeliefert wird.

Die Daten, auf denen die Aussagen der Forscher beruhen, stammen von Pioneer 10 und Pioneer 11. In den siebziger und achtziger Jahren hatten diese Sonden jenseits des Saturns erstmals Staubpartikel unbekannter Herkunft aufgelesen. Kometen kommen als Ursache nicht in Frage, denn in dieser Entfernung zur Sonne ist es so kalt, dass die Brocken aus Gestein und Wasser vollkommen gefroren sind und praktisch keine Partikel abgeben. Ob die merkwürdige Materie nun aus dem Sonnensystem selber kam oder aus dem interstellaren Raum, konnte seinerzeit niemand sagen.

Einen entscheidenden Hinweis lieferten nun die Daten der Raumsonde Ulysses, die seit mehr als zehn Jahren um die Pole der Sonne kreist und deren Bahn auch durch den interstellaren Raum führt. Und ebendort sind die Staubteilchen allesamt zehn- bis 100-mal kleiner als jene Partikel, die die Pioneer-Sonden einst analysierten.

Daraus schließen die Forscher, dass die Staubteilchen jenseits des Saturns - und auch im Kuiper-Gürtel - aus dem Sonnensystem selber stammen. Mithilfe verschiedener Computersimulationen kommen Landgraf und seine Mitarbeiter aber auch zu dem Schluss, dass die Staubmassen des Kuiper-Gürtels ständig Nachschub erhalten - und zwar infolge der Kollision größerer Körper. In jeder Sekunde werden den Berechnungen zufolge so bis zu 50 Tonnen Staub freigesetzt.

Dies hat weitreichende Konsequenzen, denn ein außerirdischer Forscher könnte aus der Existenz des Kuiper-Gürtels auf das Vorhandensein von Planeten, Kometen, Asteroiden oder anderen Körpern schließen, die bei Kollisionen eben jenen Staub aufwirbeln. Irdische Forscher konnten derlei Staubscheiben bereits bei mehreren Sternen nachweisen. Bei solchen Sternen scheint die Suche nach extrasolaren Planeten also besonders lohnenswert. Wenn alles gut läuft, finden sich in diesen Staubscheiben schließlich auch charakteristische Lücken - Lücken, die nur von einem kreisenden Planeten stammen können.

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