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Hitlers Stellvertreter: Genetiker widerlegen »Doppelgänger-Theorie«

Ein Doppelgänger von Rudolf Heß soll als Kriegsverbrecher verurteilt worden sein - das glaubte sogar US-Präsident Roosevelt. Nun gibt eine wiederentdeckte Blutprobe Antwort.
Rudolf Heß, Stellvertreter Adolf Hitlers, saß tatsächlich in Spandau ein

Dank einer wiederentdeckten Blutprobe können Genetiker eine alte Verschwörungstheorie eindeutig als Unsinn entlarven: Der Mann, der unter dem Namen Rudolf Heß im alliierten Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau einsaß und dort 1987 Suizid beging, war tatsächlich Rudolf Heß.

Anhänger der Verschwörungstheorie waren davon überzeugt, dass der Nazi-Politiker und Hitler-Vertraute vom britischen Geheimdienst durch einen Doppelgänger ersetzt worden war. Das glaubte etwa der britische Arzt Hugh Thomas, der Heß in Spandau betreute. Auch der ehemalige US-Präsident Roosevelt soll Anhänger dieser Theorie gewesen sein.

Doch eine Studie im Fachblatt »Forensic Science International Genetics« macht nun kurzen Prozess mit dieser These. Der Vergleich zwischen dem Erbgut aus der Probe und der DNA eines nicht genannten entfernten Verwandten von Heß lasse keine anderen Schlüsse zu, als dass der Insasse »Spandau #7« und Heß ein und dieselbe Person seien, erklärt das Autorenteam um Jan Cemper-Kiedslich von der Universität Salzburg.

Ausgangspunkt der Studie war der Abstrich einer Blutprobe, die der Militärarzt Phillip Pittman im Jahr 1982 dem Insassen »Spandau #7« entnahm. Der Objektträger wurde in den Jahren danach zu Schulungszwecken aufbewahrt und schließlich als das erkannt, was er war: die vermutlich einzige Möglichkeit, Klarheit über die Identität des vermeintlichen Doppelgängers zu erhalten. Denn die sterblichen Überreste von Heß wurden 2011 exhumiert, verbrannt und auf See verstreut, um sein Grab nicht zu einer Neonazi-Wallfahrtsstätte zu machen.

Wie der »New Scientist« berichtet, kostete es die Forscher einige Mühe, lebende Verwandte von Rudolf Heß aufzuspüren. Schließlich wurden sie fündig, erklärten sich aber bereit, Gendaten, die zur Identifizierung der Spender beitragen könnten, unter Verschluss zu halten. Die Genetiker konzentrierten sich bei ihrer Analyse auf das Y-Chromosom, das ausschließlich in väterlicher Linie vererbt wird, sowie weitere Genabschnitte auf anderen Chromosomen.

Zentraler Dreh- und Angelpunkt der Verschwörungstheorie war Heß' rätselhafter Flug nach Großbritannien. Am 10. Mai 1941 war Heß, der diverse hohe Parteiämter bekleidet hatte, mit dem Fallschirm über Schottland abgesprungen, vorgeblich um einen Friedensvertrag auszuhandeln. Unklar ist, welche Motive ihn zu diesem Schritt bewogen und ob er auf eigene Faust handelte. Sicher ist allein, dass die Aktion, die ihn umgehend in britische Kriegsgefangenschaft brachte, dankbaren Stoff für allerlei Legenden lieferte. Mindestens eine davon könnte nun zu den Akten gelegt werden – auch wenn fraglich ist, ob sich hartgesottene Verschwörungstheoretiker von den Erkenntnissen der Wissenschaft überzeugen lassen.

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