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News: Verwandte in Not

Seit Jahresbeginn sind in den Wäldern Westafrikas 800 tote Gorillas gefunden worden - die meisten davon sind Opfer der tödlichen Ebola-Seuche. Aber nicht nur die Epidemie rafft die Tiere dahin, sondern auch die erbarmungslose Jagd nach billigem Buschfleisch.
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Die Notlage der Menschenaffen in Ost- und Westafrika haben selbst Wissenschaftler nicht richtig eingeschätzt, nun rechnen Biologen mit dem Schlimmsten. Ausgerechnet in Gabun und in der Republik Kongo scheint es den Gorillas und Schimpansen zunehmend schlechter zu gehen. Hier sind 80 Prozent der weltweit noch lebenden Menschenaffen beheimatet, nicht zuletzt deswegen, weil die Länder noch über große und weitgehend unberührte Tropenwälder verfügen.

Eigentlich müssten sich die Flachlandgorillas in den dicht bewaldeten Schutzgebieten wohl fühlen, denn dort herrschen ideale Lebensbedingungen für die Affen – so dachten zumindest viele Wissenschaftler, und auch internationale Naturschutzorganisationen sahen lange Zeit keinen Grund zur Sorge.

Leider sollten sie nicht Recht behalten, denn eine neue Studie von Peter Walsh von der Princeton University kommt zu einem erschreckenden Ergebnis: Allein in Gabun hat sich die Population der Gorillas und Schimpansen von 1983 bis 2000 halbiert, und das Sterben hält unvermindert an. Damit sind die Gorillas wieder stark gefährdet, und wenn sich der katastrophale Trend weiter fortsetzt, könnte es durchaus sein, dass die Population in den nächsten 30 Jahren um weitere 80 Prozent sinkt. Bereits heute lebt der größte Teil der Menschenaffen Westafrikas nur noch in weit verstreuten und isolierten Gruppen, die zu klein sind, um die Population langfristig aufrechtzuerhalten.

Genaue Zahlen zum vollständigen Bestand der Affen gibt es gegenwärtig keine, denn die Tiere sind sehr scheu und kommen nur selten zum Vorschein. Walsh griff deswegen zu einer anderen statistischen Methode und zählte auf verschiedenen Expeditionen die Schlafplätze von Gorillas. Zusammen mit speziell ausgebildeten Wildhütern suchte er zwischen 1998 und 2002 eine Strecke von 4800 Kilometern nach Spuren ab. Er verglich die Anzahl und die räumliche Verteilung der "Nester" mit früheren Studien der achtziger und neunziger Jahre. Dabei fand er heraus, dass der Bestand kontinuierlich zurückging und gegenwärtig eine kritische Grenze erreicht hat. Was hatte sich wirklich in den Urwäldern der letzten Jahre abgespielt?

Holzverarbeitende Industrien gründeten im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte immer mehr Städte inmitten des Dschungels. Dabei ließen sich Tausende von Arbeitern in den entlegensten Regionen der Tropenwälder nieder, weit ab von jeglicher Zivilisation. Im Zuge dieser Erschließung entstanden neue Straßen und Waldschneisen, die auch Wilderer nutzen, um tiefer in den Dschungel vorzudringen. Die herkömmliche Jagd zur Selbstversorgung entwickelte sich zur kommerziellen Jagd nach lukrativem "Buschfleisch". Das Fleisch wird an die Arbeiter der nahe gelegenen Holzfällerdörfer verkauft, und auch in den verarmten Buschdörfern steigt die Nachfrage, weil sich viele Einheimische kein teures Hühner-, Rinder- oder Schweinefleisch leisten können. In den Ballungszentren lohnt sich der Verkauf von Gorillafleisch besonders, weil es als Delikatesse auf dem Schwarzmarkt gehandelt wird.

Walsh fordert deswegen die Regierungen eindringlich dazu auf, sofort Gesetze zu erlassen, die den Abschuss von Menschenaffen strikt verbieten und unter harte Strafen stellen.

Neben der Wilderei und dem Ausbau von Siedlungen haben die Tiere nun auch noch mit der tödlichen Ebola-Seuche zu kämpfen, deren Ursachen immer noch weitgehend unerforscht sind. Es läuft die Zeit davon, denn seit das Virus kürzlich in Gabun und in der benachbarten Republik Kongo auftauchte, verendeten unmittelbar danach viele Menschenaffen. Wissenschaftler rätseln darüber, wie sich Ebola in der freien Wildbahn ausbreitet, deswegen müsse möglichst kurzfristig mehr Geld in die Forschung investiert werden – um nicht nur die Menschen, sondern auch unsere nächsten Verwandten vor dem Virus besser zu schützen.

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