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News: Viel Lärm um wenig

Die Nachricht verbreite sich 1996 wie ein Lauffeuer: In einem Meteoriten vom Mars sind angeblich Lebensspuren von unserem Nachbarplaneten gefunden worden (siehe auch Spektrum der Wissenschaft „Meteorit ALH84001 - Zeuge archaischer Lebensform auf dem Mars? “). Doch je länger die vermeintliche Sensation zurückliegt, je mehr genauere Analysen folgen, umso stärker gerät die Behauptung ins Wanken. Zwei neue Untersuchungen zeigen nun, daß die Aminosäuren im Marsmeteoriten wahrscheinlich Verunreinigungen von der Erde sind.
Im Jahre 1984 wurde im Allen-Hills-Eisfeld in der Antarktis ein fast zwei Kilo schwerer Gesteinsbrocken gefunden, der neun Jahre später als 4,5 Milliarden alter Mars-Meteorit eingestuft werden konnte. Nach Annahme der Forscher wurde er vor 16 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Himmelskörpers aus dem Marsboden herausgerissen. In den Rissen des Steinbrockens finden sich ungewöhnliche Carbonat-Ablagerungen. Diese sollen – so meinen Wissenschaftler der NASA – durch Wasser entstanden sein, welches, mit Kohlendioxid aus der Marsatmosphäre gesättigt, in die Risse eingedrungen ist. In unmittelbarer Umgebung der Ablagerungen finden sich fadenförmige Strukturen, bei denen es sich um fossile Reste von Mikroben handeln könne, die bei der Carbonat-Bildung mitgewirkt hätten. Die Ergebnisse der Forschergruppen aus dem Johnson Space Center der NASA und der Stanford-University wurden im August 1996 veröffentlicht (Science vom 16. August 1996).

Wissenschaftler der Scripps Institution of Oceanography der University of California, San Diego, und der University of Arizona in Tucson berichten in zwei voneinander unabhängigen Abhandlungen in Science vom 16. Januar, daß das kartoffelgroße Gestein durch das antarktische Eis, in dem es gefunden wurde, verunreinigt wurde. Die Wissenschaftler veröffentlichen erstmals Testergebnisse von organischem Material, das im Meteoriten Allan Hills 84001 (ALH84001) enthalten ist, seitdem Forschungsteams vom Johnson Space Center der NASA und von der Stanford University ihre Ergebnisse 1996 verkündet hatten.

Die Forschergruppe der University of California unter Leitung von Professor Jeff Bada analysierte in einer Probe die im Meteoriten enthaltenen Aminosäuren. Timothy Jull und seine Kollegen von der University of Arizona untersuchten die Radiokarbon-Aktivität des organischen Materials.

Bada nutzte bei der Analyse der Aminosäuren im Meteoriten die Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie, um ihre „Händigkeit“ (Chiralität) herauszufinden. Er entdeckte, daß die Aminosäuren-Ansammlung aus linkshändigen Formen bestand, ähnlich denen im Eis der Allan Hills, dem Fundort des Meteoriten. Bada sagte, er könne die Möglichkeit nicht ausschließen, daß kleine Mengen von einigen außerirdischen Aminosäuren wie zum Beispiel die rechtshändigen Formen von Alanin, im Meteoriten erhalten sind.

„Wir fanden im Meteoriten zwar wirklich sehr geringe Mengen von Aminosäuren in ganz primitiver Ausprägung, doch sie stammen eindeutig von der Erde und sehen denen im antarktischen Eis, das den Meteoriten umgibt, ähnlich“, sagte Bada. „Wie sie jedoch dort hingekommen sind, ist noch immer unklar.“

Aufgrund der Erkenntnisse von Bada konzentrierte sich Jull auf die weitere Untersuchung der Aminosäuren im Meteoriten. Zur Herkunftsbestimmung der Carbonatmineralien und des organischen Kohlenstoffs im Meteoriten benutzten er und seine Kollegen 14C- und 13C-Radioisotope. Ihre Ergebnisse legten nah, daß das angesammelte organische Material in ALH84001 verunreinigte Bestandteile sind, die der Meteorit erst nach seinem Fall zur Erde aufgenommen hat.

„Es sieht aus wie ganz normales organisches Material von der Erde“, bemerkte Jull. „Der enthaltene 14C-Anteil deutet auf mehrere, zeitlich getrennte Verunreinigungen hin.“ Bada meint weiterhin: „Wir und Tim Julls Team haben gezeigt: Wir haben keine Beweise dafür, daß der Meteorit irgendwelche Bestandteile enthält, die mit Sicherheit vom Mars stammen.“

Bada bemerkte ferner, daß die Wissenschaftler, um festzustellen, ob der Planet je von Leben geschmückt wurde, auf eine Mars-Mission warten müßten, die für 2005 geplant ist und die Proben von der Marsoberfläche zurückbringen soll.

„Bis dahin können wir diese Meteoriten analysieren, wie wir wollen; die Frage, ob es auf dem Mars Leben gab oder nicht, werden wir nicht beantworten können.“

Siehe auch Spektrum Ticker vom 08.12.97:
„Doch nur ein toter Stein?“

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