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News: Viren aus Affenfleisch

Wahrscheinlich mehr als eine Million Menschen sind weltweit HIV-infiziert, während nach erfolgversprechenden Behandlungsmethoden immer noch gesucht wird. Aufgeklärt scheint dagegen mittlerweile zu sein, woher die menschlichen HI-Viren ursprünglich stammten, bevor sie so überraschend plötzlich zu einer ernsten Gefahr für Menschen wurden. Offenbar entwickelten sich die Erreger aus verwandten Viren von Affen. Eine neue Untersuchung zeigt jetzt, wie verbreitet diese Affen-Viren sind - und weist auf die Gefahr hin die damit verbunden ist.

Seit in den frühen achtziger Jahren die ersten Fälle der Immunschwächekrankheit AIDS erkannt wurden, haben sich die beiden bekannten Erreger HIV-1 und HIV-2 in der ganzen Welt ausgebreitet. Beide HI-Virus-Varianten sind, wie genetische Untersuchungen der Viren-Verwandtschaftsverhältnisse gezeigt haben, aus ihnen sehr ähnlichen SI(Simian Immunodeficiency)-Viren entstanden. Ihre wahrscheinlichen Vorläufer, die SI-Viren von Schimpansen, Pan troglody, und rauchgrauen Mangaben, Cercocebus atys müssen dabei aber offenbar bis zu achtmal unabhängig voneinander auf den Menschen übergegangen sein.

Für derartige Sprünge der Affen-Viren über die Artgrenzen hinweg stehen verschiedene mögliche Wege im Raum. Eine wahrscheinliche Hypothese geht davon aus, dass geeignet modifizierte Erreger schlicht mit der Nahrung aufgenommen wurden und sich dann im Menschen weiterentwickelten. Das Jagen und Verspeisen von Mangaben-Äffchen ist zumindest in bestimmten Regionen Westafrikas nicht selten. Was traditionell zunächst nur wenige Menschen gefährdete sorgt bei Wissenschaftlern jetzt allerdings zunehmend für Besorgnis, denn der Handel mit erjagtem Affenfleisch verzeichnete in den letzten Jahren stetig steigende Absatzchancen. Dazu beigetragen hat nicht nur die immer bessere logistische Erschließung von zuvor unzugänglichen Regionen, sondern vor allem auch das zunehmende Interesse zahlungskräftiger Kundschaft an dem als besonders exotisch geltenden Affenfleischspezialitäten.

Demzufolge ist auch das Risiko, SI-Viren mit infiziertem Jagdfleisch aufzunehmen, in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Eine besorgniserregende Vorstellung für viele Forscher, die zudem das Entstehen neuer HIV-Varianten fürchten: "Was einmal passiert ist, könnte durchaus nochmals passieren", sagt Martine Peeters vom Research Institute for Development in Montpellier.

Sie leitete jetzt die bislang umfassendste virologische Untersuchung afrikanischer Affen. Die Ergebnisse ihrer Blutanalysen von 16 verschiedenen Affenarten, die auf Märkten angeboten oder als Haustiere gehalten wurden, übertreffen sogar manche Befürchtungen: Die Wissenschaftler entdeckten neben 17 bekannten SIV-Formen auch vier bislang unbekannte.

Je größer die Anzahl von SI-Viren-Stämmen, die mit Menschen in Kontakt kommen, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine neue, für Menschen gefährliche Variante entstehen könnte. Personen aus Hochrisikogruppen, die häufig Affenfleisch zubereiten oder essen, könnten daher bereits jetzt Stämme modifizierter SI-Viren aufgenommen haben. Diese Möglichkeit möchte Peeters mit Hilfe der jetzt gesammelten SIV-Sequenzdaten prüfen – vielleicht können daraus Vorhersagen über die Entstehung der vorhandenen oder zukünftiger HI-Viren abgeleitet werden.

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