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Volkskrankheit: Bluthochdruck bleibt zu oft unerkannt

In Deutschland hat fast jeder fünfte Mann und mehr als jede zehnte Frau Hypertonie, ohne davon zu wissen. Das kann gefährlich sein, denn Bluthochdruck fördert unter anderem das Risiko für einen Herzinfarkt.
Arzt misst bei Patient den Blutdruck

Manche Menschen gehen nicht gern zum Arzt. Eine mögliche Folge: Bluthochdruck bleibt jahrelang unentdeckt. In Deutschland trifft das besonders auf Männer zu, wie Daten von mehr als 100 000 Erwachsenen aus der nationalen Gesundheitsstudie NAKO zeigen. Ein Team um Tamara Schikowski vom Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf hat die Zahlen ausgewertet. Demnach war der Blutdruck schon mit Anfang 20 bei mehr als jedem zehnten Mann zu hoch, ohne dass die Betroffenen davon wussten.

»Vor allem in den höheren Altersgruppen wussten Teilnehmende häufiger nicht von ihren erhöhten Blutdruckwerten«, schreiben die Autoren. Mit zunehmendem Alter steigt bei Männern wie Frauen das Risiko sowohl für eine unbekannte als auch für eine bekannte, aber unkontrollierte Hypertonie. Der bundesweiten Studie zufolge hat ab 45 Jahren knapp jeder fünfte Mann Bluthochdruck, ohne davon zu wissen. Bei den Frauen steigt der Anteil von jeder zehnten um die 50 Jahre auf jede sechste bis siebte mit Mitte/Ende 60.

Doch selbst wenn eine Hypertonie bekannt ist, gelingt es oft nicht, sie zu kontrollieren. Mit Ende 50 beziehungsweise Anfang 60 war das bei mindestens jeder vierten Person der Fall. Schikowski und ihr Team sprechen von einem »Missstand«.

Bluthochdruck fördert Gefäßerkrankungen

Wer hohen Blutdruck hat, habe ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfälle sowie Gefäßerkrankungen, warnen sie. Die Hypertonie beginnt ab 140 mm Hg (Millimeter Quecksilbersäule) bei systolischem und 90 mm Hg bei diastolischem Blutdruck. Läge der systolische Blutdruck im Schnitt in der Population nur um 2 mm Hg niedriger, würden dem Autorenteam zufolge fünf Prozent weniger Menschen an einem Schlaganfall sterben.

In der Praxis diagnostizieren Ärztinnen und Ärzte eine Hypertonie mit wiederholten Blutdruckmessungen oder sogar Langzeitmessungen über Nacht, erläutern Schikowski und ihre Kollegen weiter. Eine einmalige Messung sei wenig aussagekräftig; die Werte könnten zu hoch ausfallen, bedingt durch vorhergehende Bewegung oder Nervosität beim Arztbesuch. Vor allem bei älteren Menschen könne der erste Messwert zu einer Überschätzung führen.

Die NAKO hat den Blutdruck aus Zeit- und Kostengründen nur zweimal im Abstand von zwei Minuten gemessen und den zweiten Messwert verwendet. Dies überschätze die Hypertonie in der Bevölkerung um 1,5 mm Hg (systolischer Blutdruck), verglichen mit dem gebräuchlichen Mittelwert aus zweiter und dritter Messung, räumen die Autoren ein. Gebräuchlich sind in der epidemiologischen Forschung drei Messungen im Abstand von drei Minuten, wie von Fachgesellschaften wie der Deutschen Hochdruckliga empfohlen.

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