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Alkoholkonsum: Vollrausch schon bei Vormenschenaffen

Der erste Mensch war offenbar schon ein geborener Säufer, als es ihn noch gar nicht gab. Das legen - zur Überraschung von Forschern - zumindest Genevolutionsdaten nahe.
Biersorten

Ein Gelage bis zum Vollrausch konnten Menschen wohl erst genießen, nachdem ihr Körper ein paar zur Entgiftung notwendige Stoffwechselwege erfunden hatte. Und entscheidend dafür waren wohl die Alkoholdehydrogenasen (ADH) – Enzymkomplexe, die verschiedene toxische Stoffe umbauen; darunter, in unserem Zusammenhang wichtig, eben Ethanol. Schon seit Längerem glauben Wissenschaftler deshalb, etwas über den Alkoholkonsum unserer Vorfahren herausfinden zu können, indem sie sich die Evolution der ADH-Enzyme genauer anschauen. Wahrscheinlich, so die Idee, erlebten diese vor rund 9000 Jahren einen Entwicklungsschub, als der Mensch erstmals begann, vergorenes Obst oder Feldfrüchte professionell für den häufigen Eigenbedarf herzustellen.

Falsch, sagen jetzt Wissenschaftler aus den USA, nachdem sie mit neuesten paläogenetischen Forensikmethoden deutlich genauer als die Forscherteams vor ihnen hingeschaut haben. Das Team hatte mit Computerhilfe errechnet, wie schnell sich das ADH4-Gen im Lauf der Evolution des Erbguts von Menschen in den letzten Jahrtausenden verändert hat. Dabei stellten sie zu ihrer Überraschung fest, dass diese Alkoholdehydrogenase vor 9000 Jahren schon längst zu einem effizienten Entgiftungswerkzeug ausgereift war. Die Daten zeigen vielmehr, dass das Gen bereits vor sehr langer Zeit – rund 10 Millionen Jahren – zum heutigen fähigen Alkoholentgifter geworden war. Also lange, bevor es Menschen gab.

Runter vom Baum und prost!

Schon im gemeinsamen Vorfahren von Affen und Menschen muss demnach plötzlich der Bedarf nach einem wirksamen Ethanolentgiftungsmechanismus aufgetaucht sein, spekulieren die Forscher. Der errechnete kritische Zeitpunkt korreliert wohl in etwa mit der Ära, als die Menschen- und Affenvorfahren von den Bäumen herabstiegen, um sich häufiger auf dem Boden aufzuhalten und die Savannen als Lebensraum zu erobern. Womöglich sind die Vormenschen damals häufiger auf vergorene Früchte am Boden gestoßen als zuvor.

Die genetischen Daten seien jedenfalls eindeutig, so die Wissenschaftler, die sich auf die ADH4-Genevolution konzentriert hatten. Diese Klasse der ADH-Gene – und ihre Vorläufersequenzen in den Ahnen der Menschen und Affen – kodieren eine Enzymvariante, die wohl als Erstes mit verschlucktem Ethanol im Verdauungstrakt in Kontakt kommt. Anders als die heute wichtigste ADH1-Variante in der Leber findet sie sich in größeren Konzentrationen auch im Magen und der Speiseröhre und beginnt dort schon mit dem Abbau von Ethanol zu Acetaldehyd, der dann durch andere Enzyme weiter entgiftet wird.

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