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Gravimetrie: Vom Beschleunigungssensor zum Gravimeter

Ein mikroelektromechanisches Bauteil aus Silizium kann die Gezeiten der Erdkruste aufspüren. In Zukunft könnten billige, transportable Gravimeter helfen, Vulkanausbrüche vorherzusagen und Bodenschätze zu finden.
Mikroelektromechanisches Gravimeter

Er ist so klein wie eine Briefmarke. Doch genau deshalb könnte ein Siliziumchip als Herzstück eines neuartigen Gravimeters der Vermessung der Schwerkraft in Zukunft ein großes Anwendungsfeld eröffnen. Denn bisherige Gravimeter sind relativ unhandlich und teuer. Sie wiegen mehrere Kilogramm und kosten meist mehr als 100 000 Dollar. Der mikroelektromechanische Sensor, den Forscher um Richard Middlemiss von der University of Glasgow nun vorstellen, basiert auf industriellen Herstellungsprozessen, die es ermöglichen würden, die Sensoren schnell und billig zu produzieren. Damit ließen sich nicht nur Tunnel und Hohlräume unter der Erde nachweisen, glauben die Forscher. Auch vulkanische Aktivität oder Erdölvorkommen sollen mit den Mikrosensoren aufzuspüren sein.

Vorerst hat sich das Bauteil jedoch lediglich unter Laborbedingungen bewiesen. Der 200 Mikrometer dünne Siliziumchip war mit Chrom beschichtet und an drei extrem dünnen Federn aufgehängt worden, schmaler als ein menschliches Haar. Eine LED zielte auf seine Rückseite. Sobald sich der Chip nun unter dem Einfluss eines sich verändernden Schwerefelds gegen die Federn verbiegen würde, könnte eine Photodiode, auf die das vom Chip reflektierte LED-Licht fallen würde, die Veränderung erfassen. Die Forscher nutzten die Erdgezeiten, um ihr Gravimeter zu testen. Denn unter dem Einfluss der Anziehung von Mond und Sonne verformen sich nicht nur Ozeane, sondern auch die Kruste der Erde zweimal täglich.

Es gelang ihnen, diesen Effekt, der eine Million Mal schwächer ist als die Gravitation der Erde selbst, nachzuweisen. Da sie für ihr Gravimeter mikroelektromechanische Verfahren verwendet haben, wie sie auch zur Herstellung der Beschleunigungssensoren in Smartphones und Gamecontrollern massenhaft benutzt werden, sehen die Forscher in Zukunft eine neue Chance für eine breite Anwendung von Gravimetern. Im Moment entwickeln sie den Prototyp eines tragbaren Gravimeters von der Größe eines Tennisballs mit einer Leistungsaufnahme von einem Watt.

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