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Klärschlamm-Recycling: Vom Klo in die Hauswand

Millionen Tonnen Klärschlamm landen jährlich auf Deponien. Doch das muss nicht sein, meint ein australischer Forscher: Der Bioschlamm macht Ziegel besser und umweltfreundlicher.
Backsteine

Am Ende der Abwasseraufbereitung steht immer der Klärschlamm – die festen, durch Sedimentierung dem Wasser entzogenen Bestandteile. Sie lassen sich trocknen und einer weiteren Verwertung zuführen. So kann man die an organischen Verbindungen reiche Substanz auf landwirtschaftlichen Flächen ausbringen oder in Feuerungsanlagen zur Wärmegewinnung nutzen. In vielen Ländern weltweit landet allerdings trotzdem ein beträchtlicher Anteil auf der Deponie. Rund fünf Millionen Tonnen jährlich in Australien, Neuseeland, der EU, Kanada und den USA, rechnen Abbas Mohajerani vom Royal Melbourne Institute of Technology und Kollegen vor.

In einem Fachbeitrag im Magazin »Buildings« bringen sie nun eine Möglichkeit ins Gespräch, diese ungenutzte Menge auf umweltverträgliche Art und Weise zu entsorgen: als Beimengung in Mauerziegeln aus gebranntem Ton. Nach Meinung von Mohajerani und seinen Kollegen schlägt man so zwei Fliegen mit einer Klappe, denn zum einen werde der umstrittenen, weil bodenschädlichen Lagerung ein Ende bereitet, zum anderen reduziere sich so die gewaltige Menge an Lehm, die zur Ziegelherstellung aus jungfräulichem Boden gebaggert werden müsse.

Ob diese Idee den technischen Anforderungen gerecht wird, haben sie in ihrem Labor getestet. In energetischer Hinsicht bringe ihre Idee sogar gleich zwei Vorteile mit sich: Zum Brennen von Klärschlamm-Tonziegeln sei einerseits weniger Energie nötig, andererseits erzeuge das organische Material eine poröse Struktur, was zu einer besseren Wärmeisolierung beiträgt. Die Stabilität der mit Klärschlamm angereicherten Ziegel sei je nach untergemischter Menge vergleichbar mit der von herkömmlichen Backsteinen. Auch würden keine relevanten Mengen an Schwermetallen ausgewaschen. Getestet haben sie Ziegel mit Anteilen zwischen 10 und 25 Prozent des als »Biosolid« bezeichneten Trockenschlamms.

In ihrer Zusammenfassung schlagen die Wissenschaftler darum vor: Wenn 15 Prozent der jährlich gebrannten Ziegel eine Beimengung von 15 Prozent Klärschlamm erhielten, würden die rund fünf Millionen Tonnen Klärschlamm, für die es keine andere Verwendung als die Deponie gebe, komplett aufgebraucht – mit mehrfachem Nutzen für die Umwelt.

Anders als in anderen EU-Ländern ist in Deutschland allerdings die Deponierung von Klärschlamm verboten. Das Endprodukt der Wasseraufbereitung wird zum Großteil in Feuerungsanlagen verbrannt, ein weiterer Teil gelangt als Dünger in die freie Natur – eine ebenfalls umstrittene Praxis, da das Endprodukt der Kläranlagen neben Schadstoffen und Schwermetallen auch große Mengen Mikroplastik enthält. Laut Umweltbundesamt darf diese Form der Verwertung nur noch bis spätestens 2032 erfolgen.

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