Vorzeitige Menopause: Frühstart in die Wechseljahre

Tanja Müller war Ende 20, als sie Veränderungen an sich bemerkte. Ihre Menstruation wurde unregelmäßig, in der Arbeit überkamen sie Hitzewallungen, und manchmal fand sie beim Aufwachen ein Häufchen ausgefallene Haare auf ihrem Kopfkissen. Dazu kamen Stimmungsschwankungen, die sie an ihre Pubertät erinnerten. Die junge Frau aus dem Westerwald wünschte sich Kinder und versuchte damals bereits, schwanger zu werden. Weil das monatelang nicht klappte, ging sie zur Gynäkologin. Auf ihr Drängen hin testete diese ihre Hormonspiegel. »Ich hatte die Werte einer 60-Jährigen«, erzählt Müller. Mit 30 bekam sie die Diagnose »prämature Ovarialinsuffizienz«, gemeinhin bekannt als vorzeitige Menopause.
Bei mindestens einer von 100 Frauen in Deutschland lässt die Hormonproduktion der Eierstöcke bereits in den Dreißigern merklich nach. In der Folge reifen kaum noch Follikel heran, und der Eisprung wird unregelmäßig und eine Schwangerschaft wird zunehmend unwahrscheinlich. Wenn die regelmäßige Menstruation vor dem 40. Geburtstag endet, spricht man von einer vorzeitigen, zwischen 40 und 45 von einer frühen Menopause. Im Schnitt tritt der Wechsel hier zu Lande um das 52. Lebensjahr ein. In ärmeren Ländern setzen die Wechseljahre etwas früher ein. Prämature Ovarialinsuffizienz kommt dort ebenfalls ein wenig häufiger vor als in reicheren Staaten, wo die Rate bei schätzungsweise ein bis zwei Prozent liegt.
Themenwoche Fruchtbarkeit
Bei manchen klappt es ganz schnell, während der Kinderwunsch anderer lange unerfüllt bleibt. Dafür gibt es mehrere mögliche Gründe: von Störungen im weiblichen Zyklus bis hin zu unfitten Spermien. Welche Beschwerden sollten Frauen besonders ernst nehmen, wenn sie sich um ihre Fruchtbarkeit sorgen? Was hat es mit der Hormonstörung PCOS auf sich, und wie lässt sie sich behandeln? Welche Möglichkeiten haben Paare, wenn die erwünschte Schwangerschaft auf sich warten lässt? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert »Spektrum.de« in einer Themenwoche.
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Nele Freerksen-Kirschner ist Gynäkologin an der Universitätsklinik Aachen und hat sich auf die Wechseljahre spezialisiert. In ihre Sprechstunde kommen viele mit Verdacht auf eine vorzeitige Menopause. »Die Diagnose trifft junge Frauen weitaus härter als Frauen im typischen Menopausenalter – verständlicherweise, denn sie ist sehr weit reichend«, erläutert sie. Die Symptome dieser Patientinnen sind genauso unterschiedlich wie die derjenigen, die den Wechsel mit rund 50 erleben. Zuerst wird meistens der Zyklus unregelmäßiger. Dazu kommen oft Hitzewallungen und Schweißausbrüche sowie vermehrter Haarverlust. Probleme beim Durchschlafen können auftreten, zahlreiche Frauen fühlen sich erschöpft und reizbar. Ebenfalls gehäuft treten Depressionen auf, die Libido kann sich verringern. Geläufige Beschwerden, über die weniger gesprochen wird, sind eine trockene Vagina, Schmerzen beim Sex und Inkontinenz. Etwa ein Drittel der Betroffenen entwickelt kaum Symptome, ein weiteres nur milde, der Rest leidet massiv unter der hormonellen Umstellung.
»Man fühlt sich anders, als wäre man vorzeitig gealtert«Tanja Müller, Betroffene
Für eine Diagnose müssen gemäß internationalen Leitlinien drei Bedingungen erfüllt sein: Die Betroffene ist unter 40, sie hatte seit vier Monaten keine oder nur sehr geringfügige Blutungen, und in ihrem Blut ist die Konzentration des follikelstimulierenden Hormons (FSH) erhöht. Letzteres trifft zu, wenn der FSH-Spiegel zweimal im Abstand von mindestens vier Wochen über 25 Einheiten pro Milliliter liegt. Im Lauf eines normalen Menstruationszyklus pendeln die Werte des Botenstoffs zwischen 2 und 20. Zellen in der Hirnanhangsdrüse stellen FSH her und geben es an das Blut ab. An den Eierstöcken regt es Eibläschen dazu an, heranzureifen und Östrogen auszuschütten. Das weibliche Geschlechtshormon hemmt in der Folge wiederum die Produktion von FSH. Gibt es kaum noch lebensfähige Eizellen, steigt seine Konzentration nahezu ungehemmt an. In der Postmenopause bleibt sie dauerhaft erhöht.
Freerksen-Kirschner bestimmt zusätzlich häufig den Spiegel des Anti-Müller-Hormons (AMH). Ein geringer Wert ist ein grobes Indiz dafür, dass das Depot an Eizellen in den Eierstöcken fast aufgebraucht ist. Es gibt hier aber große individuelle Unterschiede. Aus der Menge an AMH lässt sich deshalb nicht ableiten, wie hoch die Chance auf eine Schwangerschaft ist oder wann die Menstruation endgültig aufhören wird.
Zu spät für Kinderwunschbehandlung
Für Tanja Müller bedeutete die Diagnose eine Zäsur in ihrem Leben. Eine Familie zu gründen, war fester Bestandteil ihres Lebensentwurfs. Mit ihrem Partner besuchte sie eine Kinderwunschklinik. Dort bekam sie zu hören, dass künstliche Befruchtung für sie keine Option mehr sei, da ihre Eierstöcke keine weiteren gesunden Eizellen hervorbringen würden. Nur eine Eizellenspende hätte es ihr erlaubt, ein Kind auszutragen. Eine solche ist aber in Deutschland nicht erlaubt und deshalb nur im Ausland möglich. Darüber hinaus wäre sie mit großen Kosten und Aufwand verbunden. Im Freundeskreis habe sie nicht über ihre Probleme sprechen können. Dort steckten alle in der Familienplanung, nicht in den Wechseljahren, erzählt sie. »Man fühlt sich anders, als wäre man vorzeitig gealtert«, fügt sie hinzu.
»Ich war in keiner Partnerschaft und hatte nie einen dringenden Kinderwunsch, aber plötzlich hatte ich keine Wahl mehr«Mala Shah, Betroffene
Mala Shah, eine Betroffene aus Berlin, empfand ihre Diagnose ebenfalls als niederschmetternd. »Ich war in keiner Partnerschaft und hatte nie einen dringenden Kinderwunsch, aber plötzlich hatte ich keine Wahl mehr«, erzählt sie. »Das hat an meinem Selbstbild als Frau genagt.« Ein Hormontest hatte ergeben, dass sie mit Anfang 30 bereits zu tief in den Wechseljahren war, um noch funktionstüchtige Eizellen entnehmen und einfrieren lassen zu können. Dabei hatte es frühe Warnzeichen gegeben: Schon mit Mitte 20 war ihre Menstruation immer seltener geworden. »Meine Gynäkologin sagte damals, das liege wahrscheinlich an zu viel Stress«, erinnert sich Shah.
Ausgeschlossen sei eine natürliche Schwangerschaft bei vorzeitigen Wechseljahren nicht, sagt Freerksen-Kirschner. In Studien ist die Chance im Schnitt mit rund fünf Prozent angegeben, im Alltag hängt sie jedoch von vielen Faktoren ab. Vor allem während der ersten Jahre nach Ausbleiben der Blutungen können die Eierstöcke noch mal »aufflackern«, wobei es hin und wieder zu spontanen Eisprüngen kommt. Hat man in dieser Zeit ungeschützten Geschlechtsverkehr, kann die Eizelle befruchtet werden und der daraus entstehende Embryo kann sich in der Gebärmutter einnisten. »Aber man kann es nicht planen«, betont die Ärztin.
Ursache oft unbekannt
Bei mindestens einer von zehn Betroffenen ist eine genetische Veranlagung dafür verantwortlich, dass ihre Wechseljahre viel zu früh einsetzen. Meist liegt dem ein Turner-Syndrom oder ein Fragiles-X-Syndrom zu Grunde. Weitere mögliche Auslöser sind Autoimmunkrankheiten, etwa eine chronische Entzündung der Schilddrüse. Eine Chemo- oder Strahlentherapie gegen Krebs kann die Eierstöcke schädigen und ihre Funktion beeinträchtigen. Endometriose ist ebenso ein Risikofaktor wie Operationen, um die Krankheit zu behandeln.
Wer nahe Verwandte hat, die früh in die Wechseljahre kamen, ist selbst ebenfalls überdurchschnittlich häufig betroffen
Auch im familiären Umfeld lassen sich manchmal Hinweise darauf ausmachen, wer besonders gefährdet ist. Personen, die nahe Verwandte haben, die früh in die Wechseljahre kamen, sind selbst ebenfalls überdurchschnittlich häufig betroffen. Bei einem solchen Hintergrund empfiehlt es sich mitunter schon für junge Frauen, ihre Hormonspiegel kontrollieren zu lassen. Ist etwa die Konzentration an Anti-Müller-Hormon für das Alter auffällig gering, weist das auf ein erhöhtes Risiko einer frühen Menopause hin. Eine Patientin könnte dann erwägen, ob sie ihre Familienplanung vorziehen oder Eizellen für eine spätere künstliche Befruchtung einfrieren lassen möchte. Viele wünschen sich rückblickend, solche Tests wären routinemäßig gemacht worden. Unter Medizinern ist das umstritten, denn die Ergebnisse können nicht zuverlässig voraussagen, wann die Wechseljahre beginnen werden. Sie liefern allenfalls Hinweise.
Im Großteil der Fälle bleibt die Suche nach Auslösern erfolglos. In den Eierstöcken mancher Frauen sind vielleicht schon von Geburt an zu wenige Eizellen angelegt oder die Follikel sterben schneller ab als gewöhnlich – warum, weiß man nicht. Äußere Einflüsse wie Rauchen können das Menopausenalter zwar etwas senken. Solche Umweltfaktoren machen allerdings – wenn überhaupt – nur einige Monate bis wenige Jahre aus. »Man kann nicht viel tun, um eine vorzeitige Menopause zu verhindern«, kommentiert Freerksen-Kirschner.
Gesundheitsrisiko Östrogenmangel
Welche Auswirkungen der verfrühte Wechsel abgesehen von der Familienplanung auf ihr Leben haben würde, erkannte Tanja Müller erst mit der Zeit. Anfangs versuchte sie vergeblich, ihre Beschwerden mit pflanzlichen Mitteln wie der Traubensilberkerze in den Griff zu bekommen. Sie bekam eine Anpassungsstörung diagnostiziert, dann eine Depression. Beides bearbeitete sie in einer Psychotherapie. Drei Jahre später erhielt sie eine weitere Diagnose: Eine Knochendichtemessung deutete darauf hin, dass sich eine Osteoporose entwickelt hatte. Diese war wahrscheinlich entstanden, weil ihr bereits jahrelang Hormone gefehlt hatten, die dem Knochenabbau entgegenwirken. Auch ihre Depression stellte sich später als eine Konsequenz des Hormonmangels heraus.
Mit der Menopause muss der Körper mit viel weniger Östrogen als zuvor auskommen. Die Folgen können gravierend sein, insbesondere dann, wenn der Wechsel schon in jungen Jahren stattfindet. Denn weibliche Geschlechtshormone unterstützen diverse Körperfunktionen. Es gibt Östrogenrezeptoren im Gehirn, in der Haut, der Gebärmutter, den Brüsten und den Knochen. Das Hormon schützt etwa das Herz-Kreislauf-System, indem es den Cholesterinspiegel senkt und die Gefäße weitet. Metaanalysen ergaben, dass Personen mit vorzeitiger Menopause ein erhöhtes Risiko haben, Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Einige Studien bei Frauen, denen vor Einsetzen der Wechseljahre beide Eierstöcke entnommen worden waren, deuten außerdem auf gestiegene Demenzraten hin. Noch ist unklar, ob dieses Risiko auch bei einem natürlich eintretenden frühen Wechsel erhöht ist.
Bei Patientinnen, die um die 50 in die Wechseljahre kommen, geht es laut Freerksen-Kirschner in der Therapie vor allem darum, störende Begleiterscheinungen zu lindern. »Aber bei Frauen mit vorzeitiger Menopause behandle ich den Östrogenmangel mit dazu«, erklärt sie. Hierfür brauche es oft eine Hormontherapie. Auch internationale Leitlinien empfehlen eine solche. Sie dient dazu, Knochen, Blutgefäße und andere Gewebe vor Schäden zu schützen. Die Belege für ihren Nutzen sind zwar begrenzt, aber eindeutig, sagt Zachary Nash. Er ist Reproduktionsmediziner am University College London und forscht zu prämaturer Ovarialinsuffizienz. Mehrere Studien mit kleinen Stichproben hatten ergeben, dass Hormonpräparate die Knochendichte und die Blutgefäße bei unter 40-Jährigen positiv beeinflussen. Für Demenz gibt es keine belastbaren Ergebnisse.
Jahrzehntelange Hormonbehandlungen nötig
Heute kommen vor allem zwei Arten von Präparaten zum Einsatz. Die Antibabypille enthält synthetisch hergestellte Östrogene sowie Gestagene. Sie ist das Mittel der Wahl, wenn die Betroffene keinen Kinderwunsch hat. Will sie sich die Möglichkeit einer Schwangerschaft offenhalten, greifen Ärztinnen und Ärzte auf eine Hormonersatztherapie zurück. Diese beinhaltet meist Östradiol, auch »bioidentisches« Östrogen genannt. Seine Vorläufermoleküle werden aus Pflanzen wie der Yamswurzel gewonnen und chemisch so verändert, dass sie dem körpereigenen Hormon gleichen. Einige pflanzliche Arzneien enthalten zwar von Natur aus ebenfalls östrogenartige Substanzen. Sie wirken im Körper aber nicht wie der von den Eierstöcken produzierte und der bioidentische Botenstoff. Östradiol lässt sich in Pillenform oder alternativ als Gel sowie über Pflaster anwenden. Eine mit dem Hormon angereicherte Creme für Vulva und Vagina kann zudem gegen geschlechtsbezogene Beschwerden und Probleme mit den Harnwegen helfen.
Wer noch eine Gebärmutter hat, braucht außerdem Progesteron zum Schutz der Gebärmutterschleimhaut. Manchmal wird zusätzlich Testosteron verabreicht, wobei die Langzeitfolgen nicht gut erforscht sind. Die Behandlung solle mindestens bis zum üblichen Menopausenalter erfolgen. Daneben raten die Leitlinien zu einem gesunden Lebensstil. Betroffene sollten sich ausgewogen ernähren, sich ausreichend bewegen, nicht rauchen und möglichst wenig Alkohol zu sich nehmen.
Ängste vor Hormonen sind oft überzogen
Viele Frauen stehen einer Hormonbehandlung zunächst skeptisch gegenüber. »Alles in mir sträubte sich dagegen, jahrzehntelang Hormone nehmen zu müssen«, betont etwa Mala Shah. Auch Tanja Müller hatte erst Zweifel: »Ich hatte gehört, dass man ein erhöhtes Brustkrebsrisiko hat, und davor hatte ich richtig Angst.«
»Viele Patientinnen haben wegen der Hormone Bedenken, machen sich aber gar keine Sorgen darüber, welche Risiken die vorzeitige Menopause hat«Nele Freerksen-Kirschner, Reproduktionsmedizinerin
Spricht man Freerksen-Kirschner auf derartige Vorbehalte an, wird ihr Ton eindringlich: »Viele Patientinnen haben wegen der Hormone Bedenken, machen sich aber gar keine Sorgen darüber, welche Risiken die vorzeitige Menopause hat.« Dass eine fehlende Behandlung sich im Schnitt weitaus negativer auswirkt, werde zu wenig bedacht. Einen Grund für dieses Ungleichgewicht sieht die Gynäkologin in einer viel zitierten, jedoch häufig fehlinterpretierten Studie von 2002. In deren Testgruppe hatte eine Hormonersatztherapie das Risiko für unterschiedliche Erkrankungen erhöht, allen voran für Brustkrebs. Die Ergebnisse gingen direkt nach Publikation durch die internationale Presse und verschafften der Therapie ihren bis heute schlechten Ruf. Eine Neuauswertung der Daten zeigte aber: Die Gefahren sind kleiner als ursprünglich angenommen. Zusätzlich waren die Probandinnen teils vorerkrankt und mit durchschnittlich 63 Jahren viel älter als die Zielgruppe der Behandlung. Und außerdem werden die heute verwendeten bioidentischen Hormone individueller auf jede Patientin anpasst als die damals gebräuchlichen Präparate, was sie nebenwirkungsärmer macht.
Der aktuelle Wissensstand findet sich auch in der Leitlinie der European Society of Human Reproduction and Embryology wieder. Laut dieser erhöht die Hormonersatztherapie bei Frauen mit vorzeitigen Wechseljahren nicht das Brustkrebsrisiko. Insgesamt sind Nutzen, Nebenwirkungen und Risiken der Therapie bei unter 40-Jährigen ganz anders zu bewerten als bei Personen im typischen Menopausenalter, betont Freerksen-Kirschner. »Man muss Patientinnen mit ihren Ängsten und Bedenken aber abholen«, mahnt sie. Dazu bedarf es einer ausführlichen Aufklärung und Beratung beim ärztlichen Gespräch.
Eizellen auf Eis
Niedrige Werte des Anti-Müller-Hormons deuten auf eine schwindende Eizellenreserve und einen baldigen Beginn der Menopause hin. Wer bereits in jungen Jahren damit konfrontiert ist, hat mitunter noch die Möglichkeit, Eizellen entnehmen und für eine spätere Schwangerschaft einfrieren zu lassen. Dazu werden die Eierstöcke zehn bis zwölf Tage lang mit täglichen Hormoninjektionen stimuliert, damit möglichst viele Follikel zugleich heranreifen. Die entstandenen Eizellen werden dann entnommen und tiefgefroren. Manchmal muss die Prozedur noch ein- oder zweimal wiederholt werden, bis mindestens 15 reife Eizellen zusammengekommen sind. Die Behandlung ist nur in wenigen Fällen von den Krankenkassen gedeckt – wer sie privat bezahlt, muss mit Kosten von mehr als 4000 Euro rechnen.
Trotz der klaren Empfehlung zur Hormontherapie bleibt offen, wie genau die optimale Behandlung aussieht. Die größte Frage sei, welche Hormonpräparate langfristig am besten für die Patientinnengruppe geeignet sind, so Zachary Nash. Dazu läuft in Großbritannien eine umfangreiche Untersuchung, an der er beteiligt ist. Im Rahmen der POISE-Studie wollen Fachleute an 23 Zentren Nutzen und Risiken einer Hormonersatztherapie beziehungsweise der Antibabypille für Frauen mit vorzeitigen Wechseljahren vergleichen. Die Deutsche Menopause Gesellschaft plant derweil den Aufbau eines Registers von Betroffenen, um die Forschung voranzubringen. Patientinnen dürften das begrüßen. Viele von ihnen klagen über Ärzte, die sie nicht ernst nahmen oder schlecht informiert waren. Mala Shah erzählt etwa, sie habe »Informationen zusammenkratzen« und »dafür kämpfen müssen, eine ordentliche Versorgung zu bekommen«. Tanja Müller gründete 2023 eine Online-Selbsthilfegruppe, in der sich Menschen mit vorzeitiger Menopause miteinander austauschen können. Beide sind sich einig: Es gibt noch viel zu tun, sowohl in Sachen Forschung als auch in der Klinik.
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