Erdmantel: Mysteriöse Blobs verursachen vulkanische Apokalypsen

Tief unter dem afrikanischen Kontinent und dem Pazifischen Ozean liegen zwei der größten Strukturen der Erde. Ihnen verdanken wir Diamanten ebenso wie die größten Massenaussterben der Erdgeschichte. Das ist das Ergebnis einer statistischen Analyse von Annalise Cucchiaro und ihrem Team von der University of Wollongong in Australien. Die Arbeitsgruppe wertete dazu Dutzende große Vulkanausbrüche der letzten 300 Millionen Jahre aus. Wie die Fachleute jetzt in der Fachzeitschrift »Communications Earth & Environment« berichten, hatten tiefe, schlauchartige Manteldiapire, über die heißes Material aus 3000 Kilometer Tiefe aufstieg und enorme Vulkane schuf, ihren Ursprung an zwei kontinentgroßen Strukturen im unteren Erdmantel. Diese LLSVPs (large low-shear-velocity provinces) sind etwa 1,5 Prozent dichter als der umgebende Erdmantel und liegen deswegen an der Grenze zum Erdkern. Sie senden Gesteinsschmelze zur Oberfläche, wo sie diamantführende Schlote ebenso hervorbringen wie gigantische Flutbasalte, die zum Beispiel vor 252 Millionen Jahren das Leben auf der Erde beinahe vernichteten.
Aus Untersuchungen von Erdbebenwellen weiß man seit einigen Jahren, dass unter Afrika und dem Pazifik zwei bis zu 1000 Kilometer dicke, zerklüftete Gesteinsformationen existieren, die anders sind als der Rest des Erdmantels. Was diese »großen Provinzen geringer Scherwellengeschwindigkeit« sind, ist unbekannt, doch Fachleute vermuten seit Langem, dass sie mit bestimmten Vulkanausbrüchen in Verbindung stehen, die durch heißes, aufsteigendes Gestein so genannter Hotspots entstehen. Die Arbeitsgruppe um Cucchiaro wertete nun drei unabhängige Datenbanken mit großen Vulkanregionen aus; zu diesen gehören auch die Dekkan-Trapps in Indien, die vermutlich mit dem Aussterben der Dinosaurier in Verbindung stehen, und die Sibirischen Trapps, die 200 Millionen Jahre früher einfach fast alles ausgelöscht haben.
Solche Vulkanprovinzen, die es in allen Formen und Größen gibt, entstehen durch tiefe Manteldiapire. Das sind Klumpen aus heißem Gestein, etwa 200 bis 300 Grad Celsius heißer als der umgebende Mantel, die durch ihre geringere Dichte aufsteigen und dabei pilzförmige Strukturen bilden. Nahe der Oberfläche schmelzen sie durch den geringeren Druck und bahnen sich wie ein Schweißbrenner einen Weg durch die Erdkruste. Anhand seismischer Daten über die LLSVPs und derzeit aktive Manteldiapire - zum Beispiel unter den Hawaii-Inseln und Island - sowie von Strömungsmodellen des Erdmantels sagten die Fachleute um Cucchiaro vorher, wo die Vulkanregionen liegen sollten, wenn sie von den mysteriösen Blobs in der Tiefe ausgingen. Sie zeigten, dass ihre simulierte Verteilung sehr gut zu den realen Vulkanprovinzen der Erdgeschichte passen. Das legt nahe, dass die mysteriösen Gesteinsklumpen nahe dem Erdkern tatsächlich der Ursprung großer Vulkangebiete sind. Dass sie Diamanten an die Oberfläche transportieren, ist allerdings während einer Lava-Apokalypse nicht allzu hilfreich.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.