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News: Wählerische Fischdamen

Treue ist keine besondere Stärke der Guppys: Nicht nur die männlichen Fische suchen sich zahlreiche Weibchen, sondern auch die Guppyfrauen lassen sich mit mehr als einem Männchen ein. Tun sie das freiwillig, oder geben sie lediglich dem aufdringlichen Werben nach?
Poecilia reticulata
Ein Seitensprung kann der Tod sein für eine Lebensgemeinschaft – zumindest bei Menschen. Schließlich pflegt unsereins in der Regel eine monogame Lebensweise. Doch was bei Homo sapiens als verwerflich gilt, ist bei anderen die Regel. So halten Guppys, die wegen ihrer variablen Formen und Farben beliebten Aquarienfische, nur sehr wenig von partnerschaftlicher Treue. Sie sind erpicht darauf, möglichst viele verschiedene Geschlechtspartner zu finden. Für die Männchen macht das auch durchaus Sinn: Sie verteilen so ihre Gene auf möglichst breiter Basis.

Doch auch die Guppydamen üben sich nicht gerade in Zurückhaltung. Ihr lebend geborener Nachwuchs hat nicht selten bis zu vier verschiedene Väter pro Wurf. Sind die Weibchen dabei ein Opfer des übermäßigen Werbens ihrer Verehrer und paaren sich nur deswegen mehrfach, um von den aufdringlichen Männchen nicht weiter belästigt zu werden? Oder spielen sie einen aktiven Part und wählen sich selbst gezielt ihre Partner aus?

Eine solche Eigeninitiative bei der Partnerwahl der Guppydamen vermuteten Anne Houde und Angela Eakley vom Lake Forest College. Um ihre Idee zu überprüfen, beobachteten sie, wie junge Guppyweibchen auf männliche Annäherungsversuche reagieren.

Dazu fischten die Forscherinnen zunächst einmal bei Trinidad Guppys (Poecilia reticulata) aus dem Wasser. Die Abkömmlinge dieser Wildtiere trennten sie fein säuberlich nach Männlein und Weiblein auf. Die Männchen durften in Gesellschaft reifer Damen bleiben, die jungfräulichen Mädchen blieben unter sich. Für die Tests wurden diese alleine in ein Aquarium gesetzt und bekamen dann einzeln und nacheinander verschiedene männliche Bewerber vorgesetzt.

Für den ersten Annäherungsversuch bekam das junge Paar 24 Stunden Zeit. Genug für einen Paarungserfolg, denn jungfräuliche Guppymädchen zieren sich nicht lange, wenn sie zum ersten Mal auf einen männlichen Vertreter ihrer Spezies treffen: In der Regel geben sie innerhalb von Minuten, spätestens von Stunden dem Ansinnen ihrer Verehrer nach.

Nach diesem ersten Schäferstündchen wurde das Paar getrennt. Nach zehnminütiger Pause bekam die junge Dame dann entweder wieder ihren ersten Liebhaber oder einen neuen Bewerber ins Becken; dieser unterschied sich farblich deutlich von dem anderen Fisch. Wer zuerst hineindurfte, entschied ein Münzwurf. 20 Minuten hatte der Neuankömmling nun, um seine Liebste zu umwerben, bevor er wieder von ihr getrennt wurde. Nach erneuter kurzer Pause war dann der Fisch an der Reihe, der zuvor das Nachsehen hatte.

Eakley und Houde interessierten sich nun dafür, wie die Guppyfrau auf das Werben der beiden verschiedenen Partner reagierte, und wie oft und mit wem sie sich auf eine Paarung einließ. Die Entscheidung der Guppydame war eindeutig: Den Neuankömmling fand sie wesentlich attraktiver als den ihr vom Vortag bereits bekannten Fisch. Diesem gewährte sie auch kein zweites Schäferstündchen, sondern paarte sich ausschließlich mit dem Neuling.

In einem zweiten Versuchsteil wurde das Unterscheidungsvermögen der Weibchen auf die Probe gestellt: Bei grundsätzlich gleichem Versuchsaufbau ersetzten die Forscher den Fisch der ersten Nacht durch einen anderen, der sich äußerlich durch nichts von dem ersten unterschied.

Auch in diesem Fall zeigten sich die Guppydamen dem neuen, anders gefärbten Partner wesentlich entgegenkommender. Entweder erkannten sie den gleich Aussehenden nicht als neuen Fisch, oder sie wollten auf keinen Fall das Risiko eingehen, sich mit einem möglicherweise eng Verwandten des ersten Partners einzulassen.

Houde vermutet, dass das wählerische Verhalten der Guppyweibchen die hohe Variationsbreite in der Farbgebung der Männchen fördert. Ob die Weibchen selbst von ihren Vorlieben profitieren, ist noch unklar. Neue Untersuchungen sollen zeigen, ob sich der Partnerwechsel positiv auf den Bruterfolg der Weibchen auswirkt.

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