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Partnerwahl: Waffe gegen sexhungrige Verlierer

Im Tierreich wählen Weibchen gerne den Vater ihrer Kinder. Mit allerlei Tricks klappt das auch dann, wenn abgewiesene Männchen ihr Schicksal nicht wahrhaben wollen.
Lippfischpärchen über ihrem Liebesnest

Im Tierreich wählen Weibchen den Vater ihrer Kinder gerne unbemerkt: Viele Arten kennen Mechanismen der "kryptischen weiblichen Partnerwahl", mit denen der weibliche Körper nach mehreren Paarungen nur die qualitativ hochwertigsten Spermien des vielversprechendsten männlichen Partners zur Befruchtung der Eizellen auswählt. Aus gutem Grund – etwa damit sich kein verschmähtes Männchen benachteiligt fühlt und rabiat wird – geschieht das "kryptisch", also unbemerkt von allen potenziellen Papas, nach den eigentlichen Paarungen im Körper des Weibchens. Die Weibchen eines Lippfisches machen da allerdings eine Ausnahme, berichtet nun ein Forscherteam nach intensiven Beobachtungen: Sie benachteiligen die Spermien von unerwünschten Vätern mit einem gezielt über ihrem Gelege eingesetzten Flüssigkeitsfilm.

Damit sind die Weibchen von Symphodus ocellatus ein erstes Beispiel einer Art, die kryptische Partnerwahlmechanismen bei der äußerlichen Befruchtung statt im Körperinneren durchexerzieren können. Möglich wird das durch die arttypischen Umstände der Verpaarung: Die Männchen von S. ocellatus bauen Nester, kümmern sich in einer ausgedehnten Vaterzeit um den heranwachsenden Nachwuchs und bewerben sich mit dieser Leistung als Paarungspartner. Vorzeigefischväter werden von interessierten Fischdamen bevorzugt, sie legen in die gut gebauten Algennester bevorzugt ihre Eier. Allerdings versuchen baufaule und verschmähte Männchen das System zu unterlaufen, indem sie sich heimlich einem Gelege im Nest nähern und die Eier darin unbemerkt besamen. Dagegen aber nun haben wiederum die Weibchen ihre Maßnahmen entwickelt, berichten Suzanne Alonzo und ihre Kolleginnen von der Yale University.

Die weiblichen Lippfische benetzen ihr Gelege mit einem in den Ovarien produzierten dünnflüssigen Schleim, dessen Funktion Wissenschaftlern bisher schleierhaft geblieben war. Alonzos Team zeigt nun, dass er im Wesentlichen die numerische Überlegenheit der Spermien ausgleicht, die von heimlich hereinschlüpfenden Fremdbesamern abgegeben werden. Diese Möchtegernväter produzieren bei einem rasch abgesetzten Samenerguss deutlich mehr Sperma – der Flüssigkeitsfilm der Weibchen sorgt aber dafür, dass nicht die schiere Zahl, sondern andere Faktoren wie die Schwimmgeschwindigkeit oder chemischen Orientierungsmechanismen der Samenzellen über den Befruchtungserfolg entscheiden. Die Eigelegeflüssigkeit der Weibchen erhöht demnach die Chancen der fürsorglichen Nestbewohner, obwohl diese im Vergleich weniger Samenzellen produzieren. Die Theorie bestätigte sich bei verschiedenen vergleichenden Experimenten, bei denen die Forscherinnen zum Beispiel den weiblichen Flüssigkeitsfilm entfernten.

Für die Männchen von Symphodus ocellatus bleibt übrigens immer noch Hoffnung, wenn sie von Weibchen verschmäht werden und auch ihre heimlich eingesetzten Spermien ausgestochen wurden: Im Lauf des Lebens werden Individuen, die in ihrer ersten jugendlichen Balzperiode keine Chance bekamen, oft zu vorbildlichen Nestbauern mit besseren Chancen bei den wählerischen Weibchen.

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