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Sportwissenschaft: Wahrnehmungsfehler führt Tennis-Schiedsrichter in die Irre

Bei nachweislichen Fehlentscheidungen von Linienrichtern in Wimbledon-Turnieren wurde der Ball in über 80 Prozent fälschlicherweise als "Out" klassifiziert, obwohl er korrekt gewesen wäre. Dies beruhe auf einer bekannten Verschiebung in der Ortswahrnehmung sich bewegender Objekte, berichten David Whitney von der University of California in Davis und seine Kollegen. Gerade für Spitzenspieler lohne sich daher die neue Regelung, insbesondere in solchen Zweifelsfällen Einspruch zu erheben.

Schon länger ist bekannt, dass Menschen die Position bewegter Gegenstände in die Bewegungsrichtung versetzt wahrnehmen. Und genau dieses Muster erkannten Whitney und seine Kollegen, als sie über 4000 registrierte Punktentscheidungen des Wimbledon-Turniers 2007 analysierten und dabei auf 83 Fehler stießen: Die Schiedsrichter sahen den Ball 70-mal jenseits der Linie, obwohl er diesseits war, und nur 13-mal im Feld, obwohl er außerhalb aufschlug.

Vorsichtshalber überprüften die Forscher noch mit Freiwilligen am Monitor, ob Punkte auf einer klassischen Flugbahn tatsächlich verschoben eingestuft werden. Tatsächlich irrten sich die Teilnehmer regelmäßig, wobei auf sie zukommende Objekte sogar noch häufiger falsch positioniert wurden als sich entfernende. Auch den Treffpunkt von zwei übereinander startenden und sich annähernden Punkten platzierten die Probanden immer wieder zu weit in Richtung der Bewegung.

Für gute Tennisspieler, deren Einschätzung und Blick für den Aufschlagpunkt des Balls extrem geschult ist, lohnt es sich daher, bei zweifelhaften "Aus"-Entscheidungen das Urteil anzufechten. Vielleicht sollte der Profitennissport aber auch schlicht die französische Variante wählen und überall auf Sandplätze umsteigen: Da lässt der Abdruck des Aufpralls keine Fragen offen. (af)

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  • Quellen
Whitney, D. et al.: Perceptual mislocalization of bouncing balls by professional tennis referees. In: Current Biology 18, S. R947-R949, 2008.

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