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News: Wanderung aus dem Licht

Egal, ob in der grellen Mittagssonne oder beim romantischen Kerzenlicht - unser Auge wird mit nahezu allen Lichtverhältnissen fertig. Jetzt erhellten Wissenschaftler einen Mechanismus dieser erstaunlichen Anpassungsleistung bei Ratten: Nach der Belichtung wandert das die Reizantwort vermittelnde Signalprotein von dem Licht zugewandten Außensegment des Photorezeptors in das Innensegment. Und dadurch verringert sich die Lichtempfindlichkeit des Rezeptors.
Unsere Photorezeptoren – Zapfen und Stäbchen – nehmen das Licht über eine spezifische Proteinkaskade in ihrem dem Licht zugewandten Außensegment wahr: Sobald das Photopigment Rhodopsin Licht absorbiert, verändert es seine räumliche Gestalt, wodurch ein zweites Protein – Transducin genannt – aktiviert wird. Das aktivierte Transducin wiederum schließt Ionenkanäle, mit der Folge, dass sich die Spannung der Zellmembran verändert. Diese Spannungsänderung leitet die Lichtsinneszelle schließlich als Signal an den Sehnerv weiter.

Der Mechanismus bricht jedoch zusammen, sobald zuviel Licht auf die Sinneszelle fällt. Wissenschaftler vermuteten daher, dass die Zelle eine zu starke Bleichung teilweise kompensieren kann, indem es das in der Zellmembran liegende Transducin vom Außensegment zum Innensegment transportiert, wo es dem Licht weniger ausgesetzt ist. Ein Beweis für diese Hypothese stand jedoch noch aus.

Diesen versuchte jetzt der Neurowissenschaftler Vadim Arshavsky von der Havard Medical School in Bosten zusammen mit seiner Arbeitsgruppe nachzuliefern. Die Forscher setzten die Netzhaut von Ratten Licht unterschiedlicher Intensität aus und verfolgten dabei das Transducin.

Und dabei erwies sich das Protein als durchaus mobil: Eine Stunde nach der Belichtung verschwand der größte Anteil des Transducins aus dem Außensegment und wanderte ins Innensegment des Rezeptors. Gleichzeitig ging das erzeugte elektrische Signal der Zelle zurück.

Arshavsky sieht hierin einen wichtigen Mechanismus, wie die Lichtsinneszelle mit unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen fertig wird. Auch wenn vermutlich andere Mechanismen, wie Veränderungen in der chemischen Signalkette, für eine schnelle Anpassung an plötzlich auftretende Lichtveränderungen bedeutender sind, könnte die Transducin-Wanderung dazu beitragen, sich an unterschiedliche Lichtverhältnisse während des Tages anzupassen – so wie man tagsüber eine Sonnenbrille trägt und diese nachts abnimmt.

Uwe Wolfrum von der Universität Mainz bestätigt, "die Arbeit zeigt, dass eine Proteinbewegung nach Beleuchtung tatsächlich stattfindet". Auch er vermutet, das Auge könne sich durch die Transducin-Wanderung an wechselnde Lichtverhältnisse anpassen. Und vielleicht ließen sich mit der Methode von Arshavskys Team auch Proteinbewegungen in anderen Geweben nachweisen.

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