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News: War der erste Amerikaner ein Japaner?

Die neue Welt wurde als letzte vom Menschen besiedelt. Bisher galt unter Anthropologen, dass eiszeitliche Jäger über die damals trockene Beringstraße von Sibirien nach Alaska einwanderten. Doch inzwischen konkurrieren mehrere Modelle über den Ursprung der Amerikaner. Jetzt gesellt sich eine neue Hypothese hinzu: Sie hält zwar an dem Zugang Beringstraße fest, sieht die Vorfahren der Indianer jedoch nicht in Sibirien, sondern in Japan.
Vor 15 000 Jahren waren Russland und Amerika friedlich vereint. Während der damals herrschenden Eiszeit lag der Meeresspiegel viel tiefer als heute, und die Beringstraße zwischen Sibirien und Alaska konnte trockenen Fußes überquert werden. Und dies taten vermutlich eiszeitliche Jäger, ständig ihren Beutetieren Mammut und Bison hinterherjagend. Zu Fuß gelangten ihre Nachfahren immer weiter nach Süden und erreichten schließlich innerhalb von tausend Jahren Feuerland.

So lautet die lang geltende Hypothese über den Ursprung der amerikanischen Indianer. Doch nach und nach tauchen Zweifel auf, ob dies die ganze Wahrheit ist. Denn immer mehr Funde passen nicht in das Schema der einmaligen Besiedlung des präkolumbianischen Amerikas. Einige Funde sind deutlich älter als 15 000 Jahre, andere widersprechen aufgrund anthropologischer Merkmale der Hypothese des sibirischen Ursprungs. So stolperten Forscher 1996 im US-Bundesstaat Washington über ein 9500 Jahre altes Skelett, dessen Schädel kaum indianische Züge trägt. Die Vorfahren des so genannten Kennewick-Mannes schienen eher irgendwo aus Polynesien zu stammen. So entstand die These, Einwohner der südpazifischen Inseln und aus Australien könnten den Pazifik bis nach Südamerika per Schiff überquert haben.

Andere Forscher vermuten wiederum, dass Fischer aus Südostasien mit kleinen Booten entlang der Küstenlinie Sibiriens und Alaska nach Amerika kamen. Sie hätten Feuerland in nur hundert Jahren erreichen können – und damit wesentlich schneller als die eiszeitlichen Großwildjäger.

Und schließlich wird auch die Überquerung des Atlantiks von Bewohnern der Iberischen Halbinsel vermutet. Diese "Uramerikaner" wären demnach Europäer.

Jetzt gesellt sich eine neue Hypothese hinzu. Denn Loring Brace von der University of Michigan untersuchte zusammen mit anderen Wissenschaftlern 21 Merkmale von etwa 2000 Schädeln, die 100 bis 10 000 Jahre alt waren. Auch hier zeigte sich, dass nicht alle Schädel indianische Züge hatten. Manche ähnelten vielmehr denen der Jomon und Ainu, zwei prähistorischen Völkern Japans. Die Jomon weisen wiederum weniger asiatische, als vielmehr europäische Kennzeichen auf.

Die Wissenschaftler vermuten daher, dass vor 200 000 bis 170 000 Jahren Einwanderer aus Europa Asien erreichten und schließlich auch Japan besiedelten. Vor 15 000 bis 12 000 Jahren wanderten die Jomon aus Japan über die trockene Beringstraße nach Amerika ein. Eine zweite Einwanderungswelle erfolgte nach Ansicht der Forscher vor 5000 bis 2000 Jahren von asiatischen Einwanderern, die wahrscheinlich per Schiff die neue Welt erreichten. Von diesen stammen die Inuit und Aleuten Nordamerikas ab.

Kaum veröffentlicht, wird die neue Hypothese schon wieder angezweifelt. Nach Ansicht des Genetikers Andrew Merriwether von der University of Michigan steht die Arbeit auf statistisch schwachen Füßen. Brace und seine Kollegen hätten sich von ähnlich aussehenden, aber nicht verwandten Schädeln täuschen lassen. Merriwether bleibt daher skeptisch: "Ich würde nicht viel auf die Stammbäume setzen."

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