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News: Warten auf die Welle

Astrophysiker haben eines mit Surfern gemeinsam: Sie warten auf die ideale Welle. Der Surfer hat es da ungleich einfacher. Er bekommt den Hinweis schon im Wetterbericht und braucht am Strand nur noch nach der richtigen Dünung Ausschau halten. Eine astronomische Wettervorschau gibt es leider noch nicht und auch ansonsten müssen Physiker schon ein wenig mehr Aufwand betreiben, um eine kosmische Gravitationswelle zu erspähen. Bislang war das Warten der Wissenschaftler vergebens, aber immerhin wissen sie jetzt, dass ihr Verfahren funktioniert.
Physiker haben manchmal schon sehr obskure Beschäftigungen. In den Jahren 1997 und 1998 brachte eine Gruppe von ihnen einen Großteil ihrer Zeit damit zu, an tiefgekühlten Metallstangen zu lauschen, die sich rund um den Globus verteilt befanden. Sie warteten auf das leise "Ping" einer Gravitationswelle, die auf ihrer Reise durch das Universum die Erde passiert. Die kosmische Woge sollte – so die Theorie – die zwei Tonnen Metall erschüttern. Wobei Erschütterung schon stark übertrieben ist. Eine Feder die unsanft auf einem Flugzeugträger landet, löst dort wohl ein stärkeres Beben aus. Bis jetzt kam allerdings keine Welle vorbei, aber wenigstens konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Gerät im Falle des Falles funktionieren würde (Physical Review Letters vom 11. Dezember 2000, Artikel als PDF-Datei, 150 Kilobyte).

Gravitationswellen entstehen beispielsweise, wenn zwei Schwarze Löcher zusammenstoßen. Ein derartiger galaktischer Knall geht auch an der sonst so unverwüstlichen Raumzeit nicht spurlos vorbei. Ausgehend vom Ort des Geschehens breitet sich eine Verzerrung in Raum und Zeit aus. Während sich die Erschütterung fortbewegt, sollte sie alle auf dem Weg befindlichen Objekte ein wenig dehnen. Das Phänomen ist bislang nur Theorie, Physiker hoffen aber, mit allerlei technischer Finesse dem Ereignis auf die Schliche zu kommen. Unter anderem versuchen sie es mit drei Meter langen Metallstangen, die sich unter Einfluss einer Gravitationswelle entsprechend verzerren sollten. Die Längenänderung der Aluminium- und Niobstangen ist aber nicht eben leicht festzustellen. Sie beträgt gerade mal eins zu einem Milliardstel eines Billionstel (10-21). Das entspricht übertragen auf die Entfernung der Erde von der Sonne in etwa der Änderung um ein Angström, also den Durchmesser eines Atoms!

Da bleibt wirklich nicht viel Platz für Messfehler. Kleinste Temperaturschwankungen können beispielsweise schon einen Fehlalarm auslösen. Um zu überprüfen, wie häufig so ein falscher Alarm auftritt, und natürlich auch um vielleicht schon eine erste Gravitationswelle aufzuzeichnen, hat die International Gravitational Event Collaboration (IGEC) fünf unabhängig arbeitende Detektoren zusammengeschlossen und deren Messergebnisse miteinander verglichen. Während der Jahre 1997 und 1998 liefen zumindest zwei der Detektoren simultan für 260 Tage. Die Detektoren haben zur Zeit nur die Möglichkeit, die Kollision von zwei nahen Schwarzen Löchern zu registrieren, deshalb war die Enttäuschung nicht allzu groß, dass kein galaktischer Brecher zu verzeichnen war – nicht einmal ein klitzekleiner. Aber immerhin: Laufen drei Detektoren im Verbund, so tritt theoretisch nur ein Fehlalarm in 10 000 Jahren auf – viel Zeit zu warten also.

"Das ist eine schöne Entwicklung, die uns zuversichtlich macht, dass wir bald eine Gravitationswelle entdecken", äußert sich der Physiker Rainier Weiss vom Massachusetts Institut of Technology. Giovanni Prodi aus der IGEC-Gruppe gibt sich optimistisch, dass der Detektor in einem Jahr soweit sein könnte, auch Gravitationswellen außerhalb unserer Milchstraße aufzuspüren.

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