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Gendermedizin: Warum Alzheimer Frauen stärker trifft

Frauen erkranken häufiger an Alzheimer als Männer. Auch verläuft die Krankheit oft schwerer bei ihnen. Verantwortlich ist vermutlich ein Hormon, wie Tierversuche andeuten.
Hände eine älteren und einer jüngeren Frau, die sich gegenseitig halten

Eines der großen Rätsel um die bisher unheilbare Alzheimerkrankheit ist, warum 70 Prozent der Betroffenen weiblich sind und der Verlauf bei ihnen durchschnittlich gravierender als bei Männern ist. Ein bestimmtes Hormon könnte dafür verantwortlich sein – darauf deuten Versuche mit Nagetieren hin. Diese Erkenntnisse hat ein Team um den Neurowissenschaftler Keqiang Ye von der Emory University School of Medicine in einer Studie im Magazin »Nature« veröffentlicht.

Kurz vor der letzten Regelblutung im Leben einer Frau – damit beginnt die Menopause –, schüttet die Hypophyse verstärkt das follikelstimulierende Hormon (FSH) aus. Parallel dazu setzen häufig die ersten Alzheimersymptome ein. Östrogen aus den Eierstöcken hingegen, welches lange als möglicher Auslöser für die Demenz gehandelt wurde, bleibt zu der Zeit konstant. Ye und seine Kollegen vermuten, dass FSH mit dem C/EBPβ/AEP-Signalweg interagiert, der zentral für die Entstehung der Alzheimerpathologie ist. Um ihre These zu prüfen, entnahm die Gruppe dementen Labormäusen die Eierstöcke. Dann blockierten sie in den Tieren mit Hilfe von Antikörpern FSH. Wie das Team nachweisen konnte, wurde der Signalweg in den Nervenzellen dadurch inaktiviert.

Nicht nur das: Die Plaques im Gehirn der Alzheimermäuse bildeten sich zurück, zudem nahmen kognitive Symptome ab. Das Team injizierte in einer weiteren Versuchsreihe FSH sowohl weiblichen als auch männlichen Nagern. Dies verschlimmerte die Krankheitserscheinungen, und es bildeten sich Plaques im Hippocampus sowie in anderen Hirnregionen der Tiere. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das FSH-Hormon über den C/EBPβ/ AEP Signalweg eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielt. Da Männer mit zunehmendem Alter ebenfalls vermehrt FSH ausschütten, hoffen die Forscher, in Zukunft eine Heilbehandlung für beide Geschlechter erproben zu können, die an diesem Hormon ansetzt.

Die Alzheimerdemenz tritt bei Menschen vornehmlich ab dem 65. Lebensjahr auf und führt zu einem zunehmenden Verlust von Neuronen und kognitiven Fähigkeiten. Schon Jahre bevor erste klinische Symptome auftauchen, bilden sich im Gehirn der Betroffenen Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen, die aus schädlichen Eiweißen bestehen.

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