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Nonverbale Signale: Warum Männer Frauen zuweilen falsch verstehen

Wenn Männer ihre Chancen bei Frauen einschätzen, liegen sie nicht immer richtig. Doch wie kommt es zu den Missverständnissen?
Menschen sitzen an einer Bar und unterhalten sich

Zeigt diese Frau Interesse an mir? Warum manche Männer sich mit dieser Frage schwertun, haben Forscher von der University of Iowa und der Indiana University in einer Übersichtsstudie im Fachmagazin »Current Directions of Psychological Science« dargelegt. Wie das Team um Psychologin Teresa Treat berichtet, wurzeln Missverständnisse darin, dass die Männer nicht nur die für die Frage relevanten Signale beachten.

Zwar lägen die meisten in der Regel richtig: Studierende orientieren sich korrekt an Mimik und Körpersprache von Frauen – je offener und freundlicher, desto mehr Interesse signalisiert die Frau ihrem Gegenüber. In einem Experiment mit Fotos von 100 Frauen zeigte sich allerdings: Einige Versuchspersonen bezogen auch mit ein, wie attraktiv die Abgebildete war, wie freizügig sie sich kleidete und wo sie sich befand, etwa auf einer Party. Und nicht nur Männer ließen sich davon beeinflussen, betonen die Autoren, sondern ebenso Frauen. Stimmten die genannten Merkmale mit den nonverbalen Signalen überein, war es im Schnitt etwas wahrscheinlicher, dass die Betrachter zu einem korrekten Urteil gelangten. »Es kommt häufiger zu Fehlern, wenn die Hinweise inkongruent sind, zum Beispiel, wenn eine Frau eine ablehnende Haltung zeigt, aber ihre Kleidung freizügig oder sie selbst attraktiv ist«, berichten Treat und ihre Kollegen.

Um zu verstehen, wie es zu Fehlurteilen kommt, hatte Treat 2018 mit einer Gruppe von Kollegen Experimente am Computer durchgeführt. Auf dem Bildschirm präsentierten sie männlichen Versuchspersonen Fotos von Frauen, die sich in Mimik und Körperhaltung entweder klar einladend oder eindeutig ablehnend zeigten. Die Probanden sollten ihren Mauszeiger von einer Startposition in der Bildmitte zur korrekten Antwort bewegen. Passten Merkmale und Signale nicht zusammen, schoben sie den Mauszeiger nicht gradlinig zur richtigen Stelle, sondern machten einen kleinen Schlenker in Richtung der Alternative. Darin spiegle sich der Urteilsprozess, glauben die Forschenden: »Das Ausscheren der Maus belegt, dass in der frühen Phase der Urteilsbildung auch die andere, falsche Alternative in Betracht gezogen wird.« Und das selbst dann, wenn der Betrachter die ablehnenden Signale erkennt und letztlich zum richtigen Urteil komme.

Etwaige Fehleinschätzungen könnten sexuellen Übergriffen den Weg bereiten, schreiben sie weiter. Eine Vergewaltigung erschien jenen Männern weniger schlimm, die sich durch freizügige Kleidung stärker vom richtigen Urteil ablenken ließen. Dasselbe galt, wenn sie generell eher Merkmale einbezogen, die nichts über das persönliche Interesse der Frau an ihrem Gegenüber aussagen, erläutern Treat und ihre Kollegen. »Kleidung, Attraktivität oder Kontext als valide Indizien für die momentanen Gefühle einer Frau misszuverstehen, könnte Männer zu unerwünschten oder unpassenden Avancen verleiten.«

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