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News: Warum sich Robben nicht rasieren

Tiere, die unter Wasser leben oder jagen, können sich nicht unbedingt auf ihre Augen verlassen. In trübem Wasser oder düsteren Tiefen orientieren sich viele Wassertiere mit Hilfe von speziell angepaßten sensorischen Systemen zur Navigation und Ortung von Nahrung. Delphine und Wale verwenden Sonar, und Fische entdecken Schwingungen mit ihrem Seitenliniensystem. Doch Robben besitzen keines dieser Hilfsmittel. Sie scheinen ihre Barthaare zur Orientierung zu benutzen.
Nach einem Bericht in der Ausgabe von Nature vom 16. Juli 1998 sind Robben und Seelöwen ohne Schwierigkeiten in der Lage, nachts in tiefen und düsteren Gewässern zu jagen – sogar blinde Robben wurden gefunden, die ganz normal dem Nahrungsfang nachgingen. Dies läßt den Schluß zu, daß für diese Tiere das Sehen nicht so wichtig ist. Guido Dehnhardt und seine Kollegen von der Universität Bonn fragten sich nun, welcher Sinn es ist, den die Robben zur Orientierung und zur Jagd benutzen.

Robben besitzen nicht das schwingungsempfindliche Seitenlinienorgan der Fische, mit dem diese ihre Bewegungen in seichtem Wasser koordinieren und sich bewegende Beute orten. Sie haben dafür bewegungsempfindliche Barthaare, die mit einer Vielzahl sensorischer Nerven ausgestattet sind. Genau wie Katzen und Mäuse können sie ihre Barthaare zur Unterscheidung aktiver Berührungen benutzen und wahrscheinlich auch, um Hindernissen auszuweichen. Niemand wußte jedoch, ob diese Barthaare empfindlich genug sind, um Strömungen im Wasser wahrzunehmen, die durch sich bewegende Organismen hervorgerufen werden.

Dehnhardts Gruppe entdeckte nun, daß Robben-Barthaare eine weit größere Empfindlichkeit besitzen, als bisher vermutet. Es gelangen ihnen, einen Seehund (Phoca vitulina) so abzurichten, daß sie in eine Position nahe einer vibrierenden Kugel schwamm, die durch einen Reifen markiert war. Der Robbe waren die Augen verbunden und sie trug Kopfhörer, so daß die Vibrationen die einzige Möglichkeit waren, wie sie die Bewegung der Kugel wahrnehmen konnte. Die Robbe mit den verbundenden Augen bewegte ihre Barthaare nach vorne und hielt sie still, während sie auf das Vibrations-Signal wartete. Sobald sie eine Bewegung entdeckte, entfernte sie sich von dem Reifen. Dieses Verhalten wurde dann belohnt.

Der Robbe gelang es zunächst, extrem geringe Bewegungen wahrzunehmen. Als jedoch die Barthaare durch einen kleinen Maulkorb aus Maschendraht bedeckt wurden, war sie dazu nicht mehr in der Lage. Ohne den Maulkorb konnte sie Bewegungsgeschwindigkeiten von weniger als einem Viertelmillimeter pro Sekunde ausmachen. Dies erreicht nicht die Empfindlichkeit des Seitenlinienorgans bei Fischen. Es ist aber mehr als ausreichend, um das Kielwasser eines schwimmenden Fisches zu orten.

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