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Evolution: Warum sind Früchte so bunt?

Die Hypothese lag nahe: Früchte wollen gegessen werden - und werben daher in den Farben, die ihr Zielpublikum wünscht. Zu beweisen ist das allerdings nicht ohne Mühe.
Buntes Früchtepotpourrie

Früchte dienen Pflanzen oft dazu, sich auszubreiten: Die etwa in Obst wie Äpfeln, Kirschen oder Pflaumen verborgenen Samen des Gewächses sollen von Tieren verspeist und andernorts wieder abgesetzt werden, um dort zu keimen. Logisch also, dass Obst lecker aussehen, süß schmecken, nahrhaft und möglichst leicht im Baum zu finden sein sollte – und so riechen Früchte eben verlockend und sind oft schön signalfarben bunt. Diese Hypothese ist alles andere als neu, hat aber immer noch unerforschte Schwächen: Gibt es zum Beispiel Fruchfarben, die nur bestimmte Tiere anlocken? Und sind unterschiedliche Adressaten die Ursache für das unübersehbare Spektrum von Pflaumenviolett bis Kirschrot? Ein internationales Wissenschaftlerteam um Omer Nevo von der Universität Ulm ging dem nun im Fachblatt »Scientific Reports« nach und meint: Die Farben einer Frucht bedienen die Sinnesgewohnheiten von geeigneten Fruchtessern im Ökosystem.

Diese Hypothese ist nicht ganz leicht zu untersuchen. Denn ebenso, wie nicht jede typische Supermarktorange aussieht wie eine natürliche Orange, sehen Farben in den Augen von Tieren oft anders aus als in denen des Menschen. Das liegt nicht nur an grundsätzlichen anatomischen Unterschieden im Bau des Auges oder am Tuning des Sehapparates, welcher etwa Beeren, die für uns schwarz erscheinen, für Vögel, die im UV-Bereich sehen können, leuchtend aufscheinen lässt. Eigentlich müsste man nun also jede Frucht untersuchen, ihre Reflektionseigenschaften unter natürlicher Belichtung aufnehmen und mit der Farbwahrnehmung möglicher Interessenten abgleichen.

Nevo und Kollegen testeten zunächst eine Gegenhypothese, nach der die Früchte vieler Pflanzen ihre Farben auch von der Stammlinie, also durch Vererbung von der Verwandtschaft, vorgegeben bekommen. Zu diesem Zweck sammelten sie Früchte und Blätter von 97 Pflanzenarten aus verschiedenen Ökosystemen in Nationalparks von Uganda und Madagaskar und bestimmten die Reflexionswerte bei der Bestrahlung mit unterschiedlichen Wellenlängenbereichen. Dabei zeigte sich zunächst, dass die Fruchtfarben von nahe verwandten Arten nicht ähnlicher sind als die von weit entfernten.

Auffällig war hingegen, dass Früchte, die vor allem von Säugetieren wie Affen gegessen werden, im grünen Wellenlängenbereich reflektieren, während typische Vogelmahlzeiten rote Lichtanteile stärker zurückwerfen. Das passt zur bekannten Biologie: Vögel haben ein überlegenes Farbensehen und erspähen somit schneller rote Beeren oder Früchte im Blätterwald. Primaten können sich dagegen eher auf andere Sinne verlassen – etwa den Geruchssinn.

Die UV-Reflexion einiger Früchte könnte andere Ursachen haben, um UV-sehenden Vögeln aufzufallen: Sie kommt vor allem bei Pflanzen vor, bei denen auch die Blätter UV-Licht stärker reflektieren. Dies gilt als Schutzreaktion von Pflanzen, die einer besonders starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind: In ihren Pflanzenteilen entstehen vermehrt Anthocyane, die UV-Licht zurückwerfen.

Die Forscher wollen nun genauer nach anderen auffälligen gemeinsamen Merkmalen der unterschiedlichen Früchte suchen – neben typischen Geruchsstoffen etwa auch nach Formen, Größen und Texturen, die womöglich ebenfalls als Reaktion auf Vorlieben von Fruchtessern im Laufe der Zeit selektioniert worden sind.

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