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Flüssigkeitsdynamik: Warum trocknet Whiskey so kunstvoll?

Whiskey ist eine Flüssigkeit wie keine andere - zumindest wie keine bekannte: Wenn sie verdunstet, hinterlässt sie Spuren, die an Gemälde erinnern.
Diese Makroaufnahme eines eingetrockneten Whiskeytropfens erinnert an ein expressionistisches Landschaftsbild. Schuld daran ist der so genannte Marangoni-Effekt.

Ernie Button trinkt gerne Whiskey – und fotografiert gerne. Und deshalb faszinierten ihn die kunstvollen Überreste, die einzelne Tropfen des alkoholischen Getränks im Glas hinterlassen, wenn die flüssigen Bestandteile verdunsten. Allerdings konnte er nicht nachvollziehen, warum Whiskeytropfen andere Hinterlassenschaften zeitigen als Kaffee mit seinen Rändern, weshalb er den Physiker Howard Stone von der Princeton University und seine Kollegen kontaktierte, die schließlich den dynamischen Prozessen hinter diesem Phänomen nachgingen. Im Gegensatz zu Kaffee, der aus viel Wasser und wenigen anderen Bestandteilen besteht, setzen sich hochprozentige Alkoholika aus einem ähnlich hohen Anteil aus Alkohol und Wasser zusammen, die beide eine unterschiedliche Oberflächenspannung aufweisen: die des Ethanols ist kleiner als jene von Wasser, weshalb er leichter verdunstet, was die Gesamtspannung nach oben treibt und die Flüssigkeitsverteilung beeinflusst. Das führt dazu, dass sich bei Weingläsern "Tränen" oder "Beine" in der Flüssigkeit zeigen, wenn sie am Glas in einer dünnen Schicht hinablaufen.

Whiskey zeigt diesen nach dem italienischen Physiker Carlo Marangoni benannten Marangoni-Effekt anfänglich ebenfalls, so dass sich zuerst konzentrische Ringe an den Rändern des verdunstenden Tropfens ausbildeten. Doch nach und nach schwindet der Einfluss des Marangoni-Effekts, je mehr Ethanol in die Luft übergeht: Feststoffe setzen sich dann auch einheitlich im Inneren des verbleibenden Tropfens ab, bis dieser ganz verschwindet. Schuld daran sind langkettige Moleküle, die bei der besonderen Produktion des Drinks vom Fass in die Flüssigkeit übergehen müssen. Sie sorgen dafür, dass die Oberflächenspannung auch des Wassers herabgesetzt wird, so dass es je nach Konzentration nicht einheitlich verdampft zumindest schließen dies die Physiker aus ihrem Experiment mit einer whiskeyähnlichen Mischung aus Wasser, Alkohol und verschiedenen Polymeren, die sie zugaben. Damit simulierten sie die unterschiedlichen Produktionsprozesse, die zur großen Auswahl heutiger Whiskeysorten führen – jede Destillerie hat ihre eigenen Rezepte. Das Alter des Getränks spielte hingegen keine Rolle. Unklar ist allerdings, warum andere Hochprozentige wie Weinbrand diese Effekte nicht zeigen – Anlass genug für weitere Forschungen.

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