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Hirnforschung: Warum Überraschung blind macht

Christopher Asplund
Bei der Lektüre eines spannenden Buchs blenden wir meist alle Umgebungsgeräusche aus. Doch ein plötzlicher, unerwarteter Laut lässt uns hochschrecken – und dann brauchen wir erst einen Moment, um den Faden wiederzufinden. Überraschungen erhöhen den Herzschlag und steigern die Erregung des Nervensystems. Unwillkürlich ziehen sie unsere Aufmerksamkeit von ihrem bisherigen Ziel auf den äußeren Reiz.

Christopher Asplund und seine Kollegen von der Vanderbilt University in Nashville haben nun untersucht, wie das Gehirn die gesammelte Konzentration einerseits und die schnelle Neufokussierung der Aufmerksamkeit bei einer Überraschung andererseits koordiniert. Dazu beobachteten sie die Hirnaktivität von 31 Probanden, die auf einem Bildschirm mit vorbeiziehenden Buchstaben alle „X“ identifizieren sollten. Für das Überraschungsmoment sorgten plötzlich auftauchende Gesichter zwischen den Zeichenfolgen. Nach einer solchen Ablenkung übersah die Versuchsperson die nächsten „X“. Es dauerte einen Moment, bis sie wieder alle so sicher identifizieren konnte wie zuvor.

Wie die Forscher feststellten, unterscheidet sich die Hirnaktivität bei zielgerichteter und reizgelenkter Aufmerksamkeit. Doch eine Region, der inferiorfrontale Knoten, wird in beiden Fällen erregt. Daher vermuten Asplund und seine Kollegen hier den Umschalter zwischen den zwei Verhaltensweisen. Der betreffende Hirnbereich kann nicht beide Aufgaben gleichzeitig erledigen: Wenn er einen Überraschungsstimulus verarbeiten muss, bleibt keine Kapazität, auch noch für volle Konzentration zu sorgen. Umgekehrt können beim Fokussieren auf eine Tätigkeit nicht zusätzlich äußere Reize verarbeitet werden.

Julia von Sengbusch

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