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Ökologie: Warum Wildhunde in der Serengeti ausstarben

Der Serengeti-Nationalpark beherbergt einige der letzten großen Tierherden der Erde - und zahlreiche Fleischfresser. Nur Wildhunde gehören nicht mehr dazu.
Wildhunde beim Beutemachen

Seit 1991 sind Wildhunde (Lycaon pictus) im Serengeti-Nationalpark ausgestorben – das Ende eines langen Niedergangs, der in den 1960er Jahren einsetzte. Damals begannen Wissenschaftler das Verhalten und die Zahl der Tiere im Schutzgebiet zu studieren. Doch trotz aller Anstrengungen waren die Bemühungen der Ökologen umsonst. Oder lag es sogar in ihrer Arbeit? Diese These stellte der britische Biologe Roger Burrows kurze Zeit später auf: Der Fang und das Besendern habe die Wildhunde so sehr gestresst, dass sie leichter an Krankheiten wie Tollwut starben. Seitdem schwelt ein Streit, der weit über die Serengeti und Wildhunde hinausgeht, denn auch bei anderen Arten setzen Wildtierökologen Sendehalsbänder ein, um die Bewegungen ihrer Forschungsobjekte zu überwachen.

Eine neue Arbeit von Craig Jackson vom Norwegian Institute of Nature Research und seinem Team in »Ecology and Evolution« bringt eine weitere Facette in die Diskussion – und deutet auf einen ganz anderen Auslöser des Niedergangs im Park. Denn ganz ausgestorben sind Wildhunde in der Region nicht: Sie überlebten im östlichen Teil des Serengeti-Mara-Ökosystems außerhalb des Schutzgebiets. Sie werden seit 2005 beobachtete, und manche Individuen wurden ebenfalls gefangen und bekamen Sender. Laut Burrows starben viele der früher besenderten Tiere innerhalb von weniger als zwölf Monaten – was Jacksons Daten nicht bestätigen konnten. Fast 90 Prozent der so behandelten Wildhunde überlebten demnach mindestens ein Jahr und länger, was keine schlechte Quote für Raubtiere in der Serengeti ist. Rund 70 Wildhunde wurden zudem gefangen und durchschnittlich mehr als 300 Tage in Gehegen gehalten, bevor sie in der Serengeti neu angesiedelt wurden. Von diesen Individuen überlebten sogar mehr als 95 Prozent die ersten zwölf Monate nach dem ersten Betäubungsschuss. In Vergleichsgruppen ohne direkte menschliche Eingriffe lag die Überlebensrate dagegen bei weniger als 80 Prozent. Das menschliche Eingreifen habe also nicht dafür gesorgt, dass stressbedingte Seuchen ausbrachen, so Jackson.

Was aber war dann die Ursache? Mangel an Nahrung fiel als Grund ebenfalls weg: In den letzten Jahrzehnten haben sich die Herden vieler Pflanzenfresser teils stark vermehrt; ausreichend Beute war also vorhanden. Von diesem Zuwachs profitierten allerdings auch andere Fleischfresser. Die Zahl der Hyänen etwa wuchs seit den 1960er Jahren von 2200 auf 5500 Tiere, und auch der Löwenbestand vergrößerte sich deutlich. Beide Arten sind Wildhunden allerdings überlegen und jagen diesen Beute ab – die Wildhunde konnten laut Jacksons Team wahrscheinlich nicht mehr ausreichend viel fressen, um auch noch Nachwuchs zeugen und versorgen zu können. Je stärker sich Löwen und Hyänen in den flachen Savannen der Serengeti ausbreiten konnten, desto stärker zogen sich die Wildhunde von dort zurück: in die hügeligen Regionen östlich davon. Die Konkurrenz durch große Raubtiere ist dort kleiner; außerdem können die Wildhunde hier besser geschützte Bauten graben, in denen sie ihre Jungen aufziehen.

Dank dieses Rückzugsraums überlebten sie auch verschiedene Seuchenausbrüche, welche ihre im Bestand bereits stark geschwächten Artgenossen im Park Anfang der 1990er Jahre endgültig ausrottete. Kontinentweit bleibt die Spezies allerdings vom Aussterben bedroht. Überlebensfähige Populationen existieren nur noch in wenigen afrikanischen Ländern. Neben Krankheiten sterben sie oft auch in Drahtschlingen, mit denen Wilderer kleine Antilopen fangen wollen oder sie werden als Konkurrenten geschossen.

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