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Neuronaler Code: Was den Menschen vom Affen unterscheidet

Erstmals wollen Forscher einen Unterschied in der Gehirn-»Software« gefunden haben. Findet sich im Feuern der Neurone die Antwort auf die Frage nach der menschlichen Intelligenz?
Neuronen

In Aufbau und Funktionsweise ähneln sich die Gehirne von Menschen und Rhesusaffen stark. Beide scheinen nach den gleichen Prinzipien zu funktionieren. Wie kommt es also, dass Menschen viel intelligenter sind als die Makaken? Eine Antwort haben Wissenschaftler nun in der »neuronalen Software« beider Spezies gesucht – und einen aufschlussreichen Unterschied entdeckt.

Um das Verhalten der Nervenzellen zu beobachten, zeichnete das Team um Rony Paz vom Weizmann Institute of Science im israelischen Rehovot bei fünf Affen und sieben Menschen die elektrische Aktivität einzelner Nervenzellen auf, insgesamt 750 Neurone flossen in die Auswertung ein. Diese Daten, die die Wissenschaftler jeweils über mehrere Stunden aufnahmen, analysierten sie anschließend mit Methoden der mathematischen Signalanalyse.

Erwartungsgemäß feuerten bei beiden Spezies die Nervenzellen immer mehr oder weniger stark im synchronen Gleichschritt. Im Detail offenbarten sich allerdings Unterschiede: Bei den Makaken war dieser Gleichklang ausgeprägter, die Muster, in denen die Zellen feuerten, wiederholten sich häufiger als bei den Menschen. Das mache die Signalverarbeitung der Makaken »robust«, wie es die Forscher in ihrem Beitrag im Fachmagazin »Cell« nennen.

Bei Menschen hingegen schien die Abfolge des Feuerns eher durch die Kombination mehrerer Muster zu entstehen. Im Vergleich zum Makakenhirn operiere das Menschenhirn weniger synchron und dadurch »effizienter«, so Paz und Kollegen. Schneller zwischen Mustern umschalten oder gar mehrere Muster gleichzeitig verarbeiten zu können, mache das Gehirn des Menschen flexibler und erlaube eine differenziertere Reaktion auf Reize. Der Preis dafür sei jedoch eine höhere Störanfälligkeit.

Kein Gehirn könne gleichzeitig robust und effizient sein, so die Forscher. Es komme vielmehr auf eine Balance zwischen beiden Aspekten an, die zu den Lebensumständen der Spezies passt. Wie Paz erklärt, könnten bei Menschen psychische Störungen zu den Folgen unserer »effizienteren«, also flexiblen und störanfälligen Signalverarbeitung zählen. Bei Makaken hingegen scheint die Evolution eher auf schnelle und eindeutige Reaktionen gesetzt zu haben.

Offen bleibt dabei, ob sich die beobachteten Unterschiede auch in anderen Hirnregionen zeigen – die Forscher zeichneten Nervenzellen nur in zwei Bereichen, Amygdala und Zingulum, auf. Auch ist noch nicht geklärt, mit welchen Mechanismen die Nervenzellverbände das Gleichgewicht zwischen Robustheit und Effizienz einstellen. Leider ist es nicht leicht, an die entsprechenden Daten zu kommen, denn um einzelne Nervenzellen abzuhören, müssen Elektroden ins Gehirn versenkt werden, was mit einem chirurgischen Eingriff verbunden ist. Für ihre aktuelle Studie experimentierten Paz und Kollegen mit Freiwilligen, bei denen Mediziner wegen einer Epilepsiebehandlung ohnehin Elektroden im Hirn platziert hatten.

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