Direkt zum Inhalt

Menstruation: Was der Zyklus über die Herz-Kreislauf-Gesundheit verrät

Unregelmäßige Blutungen müssen kein Grund zur Sorge sein. Dennoch können starke Abweichungen vom Durchschnitt auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hindeuten.
Tampons

Ein »normaler« Menstruationszyklus dauert 28 Tage; zumindest hört und liest man das häufig. Doch laut den Daten einer Zyklus-App trifft das höchstens auf jede sechste Nutzerin zu. Demnach variiert die Dauer der Periode bei den allermeisten Frauen zwischen 21 und 35 Tagen. Die Mehrheit berichtet davon, dass sich die Zeitspanne auch von Monat zu Monat verändert. Verschiebungen um bis zu sechs Tage sind aus medizinischer Sicht nicht ungewöhnlich. Unregelmäßige Blutungen und kürzere oder längere Zyklen müssen also kein Grund zur Sorge sein. Dennoch können starke Abweichungen von den Durchschnittswerten etwas über mögliche Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verraten, berichtet eine Forschungsgruppe um Yi-Xin Wang von der Harvard University. Die Studie ist im Fachjournal »JAMA Network Open« erschienen.

Das Team analysierte die Daten einer Langzeitstudie mit 80 630 Krankenpflegerinnen, die erstmals im Jahr 1989 über ihren Menstruationszyklus im Alter von 14 bis 17 Jahren und 18 bis 22 Jahren berichteten und 1993 die aktuellen Zykluseigenschaften aktualisierten. Keine der Frauen verhütete hormonell. Bis 2017 erlitten 0,8 Prozent der Studienteilnehmerinnen einen Schlaganfall, 1,5 Prozent zogen sich eine koronare Herzkrankheit zu. Bei Letzterer verengen Ablagerungen die Blutgefäße. Besonders häufig traf es Frauen mit einem sehr unregelmäßigen oder außergewöhnlich langen Menstruationszyklus.

Als »sehr unregelmäßig« klassifizierten die Wissenschaftler Zyklen, bei denen die Blutung mit einer Abweichung von mehr als sieben Tagen eintrat oder ganz ausblieb. Krankenpflegerinnen, auf die das zutraf, hatten ein um knapp 60 Prozent erhöhtes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung im Vergleich zu Frauen mit einer regelmäßigen Monatsblutung. Ein ähnliches Bild ergab sich für Probandinnen mit einem Zyklus, der mehr als 40 Tage dauerte oder bei dem sich keine Regelmäßigkeit feststellen ließ. Der statistische Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn das Team andere Risikofaktoren wie etwa Diabetes oder Bluthochdruck berücksichtigte.

Die Gesundheitsforscherinnen und -forscher berichten, dass starke Unregelmäßigkeiten in der Monatsblutung oder eine sehr lange Zyklusdauer häufig auf das Polyzystische Ovar-Syndrom (POC-Syndrom) zurückzuführen sind. Dabei sammeln sich Bläschen mit unreifen Eizellen an den Eierstöcken, was den Eisprung erschwert. Laut einer Übersichtsarbeit von Wissenschaftlern aus den Niederlanden aus dem Jahr 2020 kommt es bei Frauen mit dem POC-Syndrom vermehrt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Veränderungen im Zyklus können zudem ein Zeichen für hormonelle Umstellungen sein, schreibt die amerikanische Forschungsgruppe. Auch ein Überschuss an Insulin oder Androgenen könne dem Herzen schaden.

Im Jahr 2015 empfahl der größte amerikanische Verband für Gynäkologie und Geburtshilfe, das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG), die Charakteristiken der Monatsblutung als ein zusätzliches Gesundheitsmerkmal während der Jugend zu berücksichtigen. »Die Studienergebnisse legen nahe, dass Merkmale des Menstruationszyklus während der gesamten gebärfähigen Lebensspanne als zusätzlicher Marker für das Risiko einer Herz-Kreislauf-Krankheit verwendet werden können«, ergänzen die Autoren.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.