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News: Was man in den Beinen hat...

Nicht nur die Beine von Fußballprofis leben gefährlich: Auch die Gehirne der Sportler sind in Gefahr. Gehirnverletzungen durch Kopfbälle und Gehirnerschütterungen nach Zusammenstößen mit anderen Spielern führen vielleicht zu langfristigen Verletzungen, die zu mentalen Beeinträchtigungen führen können.

Wissenschaftler verglichen 53 holländische Fußballprofis mit 27 holländischen Top-Schwimmern und Leichtathleten. Sie untersuchten das Erinnerungsvermögen und die Sprach-, Wahrnehmungs- und Planungsfähigkeiten der Teilnehmer. Außerdem befragten sie die Athleten zu deren Krankengeschichte, ihrem beruflichen Werdegang und der Anzahl der Gehirnerschütterungen, welche die Probanden in ihrem bisherigen Leben erlitten hatten – sowohl im Zusammenhang mit Sport als auch außerhalb dieses Bereichs (Neurology vom September 1998).

Die Fußballprofis zeigten dabei im Vergleich zu den anderen Sportlern verminderte Fähigkeiten, erklärt Barry Jordan von der University of California in Los Angeles und der Charles R. Drew University of Medicine and Science. Die mentale Schädigung der Spieler sei subtil und würde von den meisten Menschen nicht bemerkt. Allerdings kann diese Art langfristiger, kumulativer Gehirnverletzung – die chronische traumatische Gehirnverletzung – permanent bleiben, erläutert er.

Bei Stürmern und Abwehrspielern, die am häufigsten köpfen, war der mentale Verfall stärker als bei Mittelfeldspielern und Torhütern. Der Grad des mentalen Verfalls eines Spielers korreliert mit der Anzahl der Gehirnerschütterungen, die er beim Fußballspielen erlitten hat, und der Häufigkeit von Kopfbällen, sagt Jordan.

Ob sich diese Erkenntnisse allerdings auch auf Amateur- und Freizeit-Fußballer beziehen lassen, muß erst noch geklärt werden, fügt er hinzu. Der Wissenschaftler rät aber niemandem davon ab, Fußball zu spielen. Wenn sich jedoch ein Fußballspieler, egal in welcher Klasse, eine Gehirnerschütterung zuzieht, dann sollte dies von seinen Ärzten und Trainern ernst genommen werden, mahnt er. Erste Symptome einer Gehirnerschütterung sind Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, mangelnde Wahrnehmung der Umgebung, Übelkeit, Erbrechen oder Bewußtlosigkeit.

Um die Sicherheit eines Spielers zu maximieren, empfehlen die Forscher Überwachungs- und Vorsorgemaßnahmen für Trainer und Spieler. Unter anderem sollten sich die Spieler vor Beginn einer neuen Saison einem grundlegenden Test ihrer mentalen Fähigkeiten unterziehen. Damit könnten die Betreuer dann mögliche negative Auswirkungen einer Gehirnerschütterung feststellen und den richtigen Zeitpunkt für die Rückkehr in den Kader bestimmen. Zusätzlich sollten die Sportler richtige Kopfballtechniken erlernen, um Schädeltraumata zu vermeiden. Kommt es trotzdem zu einer Gehirnerschütterung, muß ein Arzt die Spieler beurteilen.

Im Laufe einer Saison, berichten die Versuchspersonen, nehmen sie den Ball im Durchschnitt 800mal mit dem Kopf an. 54 Prozent der untersuchten Fußballspieler erlitten eine oder mehrere Gehirnerschütterungen im Zusammenhang mit ihrem Sport. 79 Prozent erlebten bereits mindestens einen Zusammenstoß mit dem Kopf eines anderen Spielers.

Bei American Football-Spielern und Fußballprofis kommen Gehirnerschütterungen gleich oft vor. Innerhalb der Sportarten, bei denen kein Helm getragen wird, ist die Verletzung allerdings im Herren- und Damenfußball am häufigsten. Einige durch Kopfballspiel oder Kollisionen mit dem Torpfosten hervorgerufene Gehirnverletzungen haben schon zu Todesfällen geführt, berichten die Wissenschaftler.

Die American Academy of Neurology bietet Richtlinien zur Beurteilung einer Person an, die eine Kopfverletzung erlitten hat. Diese sollen Trainern und Betreuern ermöglichen, die Schwere einer Gehirnerschütterung festzustellen. Außerdem sollen sie den Verantwortlichen helfen zu entscheiden, ob der verletzte Sportler sofort notärztlich behandelt werden muß und ob oder wann er den Wettkampf wieder ohne Risiko aufnehmen kann.

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