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Gammastrahlenausbruch: Was passierte beim Gammablitz GRB 250702B?

Es war der längste jemals beobachtete Gammastrahlenausbruch. Nun wurde er eindeutig lokalisiert: Infrarotdaten zeigen eine massereiche, stark staubhaltige und verformte Galaxie als Ursprung. Möglicherweise entstand er durch die Verschmelzung eines Schwarzen Lochs mit einem Heliumstern.
Eine künstlerische Darstellung eines Gammastrahlenausbruchs im Weltraum. Ein intensiver Lichtstrahl erstreckt sich diagonal durch ein farbenfrohes, nebliges kosmisches Umfeld, das in Rottönen leuchtet. Der Hintergrund zeigt einen Sternenhimmel mit verstreuten Lichtpunkten. Der Ausbruch ist von einer hellen, zentralen Lichtquelle umgeben, die die Umgebung erleuchtet.
Die Illustration zeigt den Gammastrahlenausbruch GRB 250702B in seiner massereichen und staubhaltigen Heimatgalaxie. Das kosmische Ereignis schleuderte Partikel mit fast Lichtgeschwindigkeit aus und wiederholte sich mehrfach über eine Dauer von mehr als sieben Stunden.

Der außergewöhnliche Gammablitz GRB 250702B sorgte im Sommer 2025 für einige Aufmerksamkeit. Das kosmische Ereignis wurde am 2. Juli vom Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA aufgezeichnet und brach alle bisherigen Rekorde: Über mehr als sieben Stunden hinweg wurden drei aufeinanderfolgende Gammastrahlenausbrüche beobachtet. Nachträgliche Analysen von Aufnahmen an Bord der chinesisch-europäischen »Einstein Probe« zeigten sogar Röntgenaktivität bereits am 1. Juli. Insgesamt war die Energiequelle also rund 28 Stunden aktiv – GRB 250702B ist der längste je beobachtete Gammastrahlenausbruch (englisch: gamma-ray-burst, GRB). Seine außergewöhnliche Dauer erschwert jegliche Erklärung durch bekannte GRB-Populationen und deutet auf einen exotischen Ursprung hin.

Erste Suchen im Optischen oder Ultravioletten blieben erfolglos, zu dicht waren die Staubschichten entlang der Sichtlinie. Erst Beobachtungen mit dem Very Large Telescope (VLT) im nahen Infrarotbereich enthüllten eine schnell verblassende Quelle innerhalb einer ausgedehnten Galaxie.

Nun gelang es einer Forschungsgruppe um Jonathan Carney von der University of North Carolina, in einer Datenflut von Satelliten und anderen Instrumenten den Ursprungsort des Ausbruchs näher zu definieren und detailliert zu untersuchen. Der Schlüssel zur Lokalisierung lag dabei in koordinierten Infrarotbeobachtungen mit einem ganzen Arsenal an Teleskopen, darunter das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST). Sie zeigen einige extreme Eigenschaften der Wirtsgalaxie: Sie ist ungewöhnlich groß, liegt etwa acht Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und hat mehr als die doppelte Masse wie unser Milchstraßensystem – deutlich schwerer als die meisten Ursprungsgalaxien von GRBs. Zudem ist sie äußerst staubhaltig, wie sich aus der Modellierung des Nachglühens ergab, des »afterglow«. Am auffälligsten ist jedoch ihre Morphologie: Sie zeigt eine gestörte und hochgradig asymmetrische Struktur, wie sie sonst bei der Verschmelzung von zwei massereichen Galaxien auftritt.

Aufgrund der extremen Dauer und der Eigenschaften der Wirtsgalaxie passt GRB 250702B nicht zum üblichen Erklärungsmodell, dem zufolge massereiche Sterne am Ende ihres Lebens kollabieren und gewaltige Energiemengen freisetzen. Verschiedene Szenarien, an denen jeweils Schwarze Löcher beteiligt sind, stehen daher zur Diskussion.

Ausgeschlossen werden kann ein »tidal disruption event«, bei dem ein Stern durch die Gezeitenkräfte eines extrem massereichen Schwarzen Lochs im Kern der Galaxie zerrissen wird – der präzise lokalisierte Standort des Ausbruchs, nahe am oberen Rand der Galaxie weit entfernt von ihrem Zentrum, eliminiert diese Möglichkeit.

GRB 250702B und seine Heimatgalaxie im Blick | Das James-Webb-Teleskop enthüllt die Wirtsgalaxie von GRB 250702B im infraroten Spektralbereich. Sie ist acht Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und etwa doppelt so massereich wie unsere Galaxis. Der Ausschnitt markiert die Position des Ausbruchs am oberen Rand einer dunklen Staubspur – weit entfernt vom Galaxienkern.

Das Team vermutet daher, dass ein Schwarzes Loch mit etwa drei Sonnenmassen über mehrere Tage hinweg mit einem sogenannten Heliumstern verschmolzen ist. Dabei entriss es ihm dessen Wasserstoffhülle bis auf den nackten Heliumkern. Beim Einströmen der Masse auf das Schwarze Loch entsteht zunächst eine helle Röntgenquelle, später treiben Jets den Gammastrahlenausbruch an. In diesem Szenario ereignet sich zudem eine Supernova, sobald das Schwarze Loch vollständig in den Stern eingedrungen ist – diese sei wegen der starken Staubbedeckung aber unsichtbar geblieben, so das Team.

Die genaue Ursache von GRB 250702B ist zwar noch nicht abschließend geklärt, doch der Ausbruch hat bereits neue Einblicke in Gammastrahlenausbrüche geliefert und bietet eine einzigartige Chance, die extremen Prozesse bei der Entwicklung von Sternen und Schwarzen Löchern zu untersuchen.

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